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ist, wird die Leinenweberey stark betrieben; der Ort hat 18 Webermeister mit 23 Knappen. Die Markung ist, nach Abzug der Waldungen, welche über die Hälfte dem Staat gehören, sehr klein und die Vermögensumstände der Gemeinde sowohl als der Einwohner sind sehr mittelmäßig. Übrigens haben die Einwohner das Lob, daß sie sich durch Fleiß und Sparsamkeit, Eintracht und Ordnungsliebe vorzüglich auszeichnen.

W. gehörte vormals zu dem Kloster-Oberamt Blaubeuren. Die Kirche ist im J. 1779 abgebrannt, und in demselben Jahre wieder neu hergestellt worden. Die Baulast derselben ruht auf der Heiligenpflege; sie ist zwar Pfarrkirche, hat aber keinen eigenen Pfarrer, sondern wird von dem Helfer in Blaubeuren versehen. Die Kirche wurde nach Tübingers Chronik (S. 318) schon im J. 1155 von dem Bischof Gerold von Altenburg eingeweiht. Im J. 1322 stiftete Ulrich von Weiler eine eigene Kaplaney dazu. Der Kaplan hatte, vermöge Dotation, dem Pfarrer in Blaubeuren Assistenz zu leisten, und aus dem Zehnten des Stadtpfarrers zu Blaubeuren läßt sich schließen, daß die Kirche in einem Filialverbande mit Blaubeuren stand. Da sie jedoch zugleich Klosterkirche wurde, so kam sie vermuthlich dadurch, wie Urspring, auch in den Besitz von pfarrlichen Rechten. Diese Rechte behielt sie auch, als bey der Reformation im J. 1537 die Kaplaney aufgehoben und die Besorgung der Kirche dem jeweiligen Helfer in Blaubeuren übertragen wurde. Im J. 1818 wurden der Kirche auch die evang. Einwohner von Urspring und Schelklingen zugetheilt.

Das Kloster, das sich zu Weiler befand, war ein Franziskaner Nonnenkloster von der dritten Regel, s. g. Beguinen-Kloster. Das Klostergebäude war der jetzige Fruchtkasten. Seine Entstehung erfolgte allmählig. Ein hoffärtiges Fräulein Adelheid von Weiler hatte ums J. 1240 in kostbarer Kleidung auf dem Gang aus dem Schloß in die Kirche in dem Schloßgarten einen schweren Fall gethan, und wurde dadurch zu dem Entschlusse veranlaßt, der Welt und ihrer Eitelkeit zu entsagen, baute sich ein Häuschen an

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Blaubeuren. Stuttgart: J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen, 1830, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Blaubeuren_221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)