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hinabhiengen. Über der Brust prangten gewöhnlich silberne Ketten und Anhänger, das Haar aber war in ein Zopfnest geflochten und mit einem hölzernen Spieße durchstochen, oder trug man eine stattliche Bandhaube. Die Schuhe waren sehr stark ausgeschnitten.

Jetzt herrschen überall die bunten Zitze und Zeuglein, es unterscheidet sich aber der katholische Theil des Bezirks noch immer merklich durch seine Vorliebe für grelle Farben, roth, orange u. dgl., besonders an den kurzen Kittelchen und an den Schürzen, wo nicht weiße gesteifte vorgezogen werden. Ebenso unterscheiden sich die beiden Confessionen an den Hauben. In den katholischen Orten werden die niederen Bandhauben mit einem goldbrokatenen gestickten Bödchen getragen, mit höherem Bodenstück und recht großen Schleifen, auch möglichst breiten flatternden Bändern, während in den evangelischen Orten die Mädchen durchgängig weder so breite, noch so lange Bänder anwenden. Wird gar keine Haube getragen, so sind gewöhnlich lange Bänder in die Zöpfe eingeflochten.

Zu bemerken ist noch, daß statt der Regenschirme, welche seit etwa 20 Jahren ganz allgemein verbreitet sind, früher Tischtücher genommen und zum Schutz gegen den Regen umgeschlagen wurden, z. B. in Abtsgmünd u. a. O.

In Ansehung der Wohnungen, von deren Zahl und Bauart hienach die Rede ist, läßt sich im Allgemeinen sagen, daß die Hauseigenthümer gewöhnlich besser wohnen, als in manchen andern Gegenden des Landes, während freilich die Miether in der Regel allzueng sich zusammendrängen.

Verbreitet ist die Sorge für reinliche Zimmer und eigenthümlich in Aalen und Umgegend die Sitte, daß man gelöschten Kalk kauft, selber anmacht und (gewöhnlich die Frau) das Haus wenigstens innen selbst weißnet, wozu man die Pinsel vom Maurer miethen kann.

d) Besondere Sitten und Gebräuche. Überschauen wir zuerst die Gebräuche, welche an gewisse wichtige Lebensereignisse sich knüpfen.

Bei Taufen, wie bei andern ähnlichen Begebenheiten, gilt auch hier noch fleißiges Schießen der Freunde als besondere Ehrenbezeugung; wiewohl namentlich in den letzten Jahren besonders das Neujahranschießen (bei den Mädchen) wiederholte Unglücksfälle veranlaßt hat.

Den Hochzeiten geht der Heirathstag voran, in katholischen Orten auch das „in den Pfarrhof gehen“ – womit die Verlobung erst für stät und fest gilt; – dann der Einzug. Tags vor oder am Nachmittag der Kopulation ist „die Schenke“ zu Hause oder im Wirthshaus, wobei alle Verwandte und Bekannte ihre Gaben bringen und je nach der Größe derselben mit Kaffee, einer Wurst oder dergl. regalirt werden. Gerade zu dieser Schenke wird förmlich eingeladen, an einigen Orten von der

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: Beschreibung des Oberamts Aalen. J. B. Müller's Verlagshandlung, Stuttgart 1854, Seite 052. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Aalen_052.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)