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Weigheim,


Gemeinde III. Kl. mit 478 Einw., darunter 4 Ev. Kath. Pfarrei, die Evang. sind nach Trossingen eingepfarrt. 5 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der schöne, von Pappeln und von Obstbäumen beschattete Ort liegt friedlich und geschützt in der flachen Mulde des hier beginnenden in nordwestlicher Richtung in den nahen Neckar fließenden Weigheimer Baches, und besteht meist aus großen, weiß oder gelb getünchten Bauernhäusern.

Die im südöstlichen Theil des Dorfes gelegene, dem heil. Ottmar geweihte Kirche wurde nach dem Brand vom 30. April 1762 in demselben und nächstfolgenden Jahre neu erbaut, der Thurm, der nach dem Kirchenbrand vom 3. Juli 1694 erbaut worden war, blieb damals stehen. Über dem westlichen Eingang der Kirche liest man die Jahreszahl 1763. Die in einfachem Rundbogenstil errichtete Kirche wirkt in ihrem Innern sehr freundlich und erhebend; sie enthält 3 figurenreiche von Maintel in Horb ausgeführte neugothische Altäre, die Kanzel ist in demselben Geschmack, auf Konsolen stehen außerdem noch Heiligengestalten an den Wänden umher, darunter bemerkenswerth eine 2/3 lebensgroße Madonna aus der Renaissancezeit (Holzbild). Der an der Nordseite des Schiffes, beim Anfang des vieleckigen Chores, stehende Thurm endigt in ein Satteldach und trägt drei Glocken; die größte verzierte mit der Inschrift: Vicit leo de tribu Juda radix David. Alleluia. gegossen von Pelagius und Benjamin Grieninger in Villingen 1756; die beiden andern Glocken wurden 1864 und 1842 gegossen von Hugger in Rottweil.

Der alte noch ummauerte Friedhof geht noch um die Kirche, auf ihm stehen gar merkwürdige Schmiedeisen- und Holzkreuze und das große im Jahr 1875 von Bildhauer Biesinger in Rottenburg gefertigte Steinbild einer Pietà, Maria mit dem Leichnam des Herrn.

Das hübsche, im Jahre 1762 nach dem Brand wieder neu hergestellte Pfarrhaus mit sehr starken Mauern liegt in einem schönen Garten und ist rings von einem Wallgraben umgeben; war ohne Zweifel früher ein altes Wasserschloß. An der Pfarrscheuer steht die Jahreszahl 1746. Die Unterhaltung von Kirche und Pfarrhaus ruht auf der Stiftungspflege.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 483. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0483.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)