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Stadt gelegenen St. Sebastianskirchlein. Dasselbe hat über dem nördlichen Eingang eine kleine Steinskulptur des h. Sebastian, die Wappen von Enzberg und Mühlheim und die Jahreszahl 1610, ohne Zweifel das Jahr ihrer Erbauung. Das Innere enthält auf dem Spätrenaissancealtar mit der Jahreszahl 1727 die Holzstatue des h. Sebastian und 5 runde, gemalte Todtenschilde (aus dem 17. Jahrh.) hiesiger Bürger, darunter bemerkenswerth der des Max Heubler, Bürger zu Überlingen, Wirth zum h. Berg, † 1612. Vor dem südlichen Thor stand die (jetzt abgetragene St. Eulogius-Kapelle, wo alljährlich die Pferde gesegnet wurden) und endlich erhob sich, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt, am Fußweg nach Fridingen mitten im Wald auf dem Welschenberg eine viel besuchte, großartige Wallfahrtskirche zu „Maria-Hilf“. Stifter dieser Wallfahrt war Stadtpfarrer Walther, welcher im Jahre 1652 ein Kapellchen daselbst erbaute, worin sich das Gnadenbild der Maria, an eine lebendige Eiche befestigt, befand. Im Jahre 1661 wurde sodann eine Kirche daselbst erbaut, die in den Jahren 1754–56 durch eine größere, in dem Stil jener Zeit mit hochanstrebenden und weiträumigen Massen, ersetzt wurde, und deren imposante Ruine, von Waldbäumen dicht umhüllt, heute noch trauervoll emporsteigt (s. auch unten S. 388 ff.)

Die Kirche wurde 1811 aufgehoben, 1813 theilweise abgebrochen.

Ferner nennen wir die auf dem linken Donauufer bei der sog. Altstadt gelegene St. Galluskirche; sie steht einsam in dem ummauerten Friedhof, auf kleinem, sonnigem Kalktuffhügel, der sich am Einfluß des raschen, klaren Wulfbaches in die Donau erhebt. Das Donau-Thal wird von hier an schmal, wild, weglos, krümmt sich, von mächtigen, mit Wald bewachsenen Felsen umdrängt, in großen Bögen hinab, während bis zu der jetzt ganz verschwundenen „Altstadt“ (ehemaligen Römerstadt) hin das Thal mit breiter, wiesenreicher, höchst fruchtbarer Sohle herzieht. Der Platz vor der Kirche bietet schöne Blicke, thalauf- und thalabwärts und hinüber an das malerisch zusammengebaute Mühlheim, mit seinen großartig aus Gruppen hoher Pappelbäume hervorragenden Schloßgebäuden.

Das Schiff der Galluskirche ist sehr alt, trägt frühromanisches Gepräge und zeigt noch zum großen Theil das aus ziemlich kleinen Steinen wohlgefügte Mauerwerk, woran Schichten von weißem Jurakalk mit graulich-braunen Tuffsteinen abwechseln,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)