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gegossen von Hugger in Rottweil 1852. Der östlich an der Kirche gelegene, ummauerte, im Jahre 1842 neu angelegte Friedhof besitzt viele schöne Schmiedeisenkreuze. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde, die einen eigenen Baufonds besitzt. Außerdem liegt über der Donau, vor der Brücke, rechts wenn man die von Mühlheim nach Fridingen führende Steige herabkommt, die ansehnliche St. Annakapelle; Schiff und der vieleckig schließende Chor, durch ein hohes, geschmackvolles Schmiedeisengitter von einander getrennt, sind auf das reichste mit Stuckaturen, Fresken und Ölgemälden geziert. An denen der Empore steht der Name des Malers: Jac. Ant. Wezel pinx. 1765, an den Deckenfresken: P. J. Zoll. Außerdem schmücken die Kapelle drei prächtige Zopfaltäre (auf dem Hochaltar die kleine, vielleicht noch alte Holzskulptur der h. Anna). Noch wäre zu erwähnen eine hübsche, aus Holz gemalte Madonna, mehr im italienisch bolognesischen Geschmack, und der schlichte Grabstein des Eremiten Dießle, genannt Bruder Michael, geb. zu Wollmatingen bei Konstanz im Jahre 1709, gest. zu Fridingen als Eremit an der Kapelle den 18. Okt. 1787. Die Westseite zeigt noch ein gothisches Vierblatt, was die erste Anlage der Kapelle in das Mittelalter zurücksetzt.

Es war auch einmal ein Klausner da, der Bruder Marzell, der wieder in die Welt zurückkehrte und von dem noch heut im oberen Donauthal der Vers geht:

Bruder Marzell
Springt aus der Kapell,
Hat d’ Kutte auf’ghängt,
Ist de Mädle nach g’rennt.

(vgl. Birlinger, Volksthüml. aus Schwaben, II. S. 298.)

Das stattliche Pfarrhaus wurde im Jahre 1824 ganz umgebaut; es wird von einem eigenen Baufonds, unter Aufsicht des K. Kirchenraths, unterhalten, die subsidiäre Unterhaltungspflicht hat die Gemeinde.

Das jetzt abgebrochene, mit dem Schulhaus vereinigte Rathhaus war uralt, baufällig und ist durch ein neues ersetzt worden. Es besaß einen großen, in zwei Gelasse getheilten Rathssaal, dessen schöne Holzbalkendecke von einer reich geschnitzten, gothischen Holzsäule gestützt wurde. An der Wand stand ein gut geschnitztes ebenfalls gothisches Christusbild, das Kreuz tragend, auf einer (jüngeren) Konsole mit der Jahreszahl 1635. Auch ein sehr

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0305.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)