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ihr am folgenden Tag verkauft werden, weil sie eine kleine Schuld nicht bezahlen konnte. Da zog die Frau ganz traurig mit der Ziege in den Wald und dachte: es ist heute das letzte Mal, daß du sie hütest und sie dir Milch gibt. Es war aber schon spät im Jahr und wenig Futter mehr zu finden, das Laub fiel schon von den Bäumen. Da bemerkte sie einen Strauch, der hatte oben noch ganz schöne, frische Blätter und weil die Ziege sie nicht erreichen konnte, so streifte die Frau die Blätter ab und wollte sie der Ziege geben, allein statt der Blätter hatte sie plötzlich eine ganze Handvoll blanker Goldstücke, und durfte nun ihre Ziege behalten und war gerettet aus aller Noth. (M.)

Zwischen Wurmlingen und Seitingen, im Langenthal, geht das „Krattenweible“, eine kleine weibliche Gestalt mit einem schwarzen Hipplein und Schuhen mit eisernen Sohlen. Wenn es diese Sohlen einstens durchlaufen, wird seine Erlösung kommen. Am Arme hat es immer einen Korb oder Kratten. Leute, die in jenem Revier sich aufhalten, führt es irre seit Alters. (B.)

Eine halbe Stunde unterhalb Fridingen bildet die Donau eine Schlucht, in der ein schwarzes Weib hausen soll, das die Menschen irre führt. Die Stelle hat den Namen „Weible’s Teich“. (M.)

Der Hackenmann, ein Wassergeist, zeigt sich vom Ursprung der Donau bis gegen Marchthal und Ehingen herab. Die Kinder stellen sich ihn als wilden Wassermann vor, der mit einem Hacken jeden hineinzieht, so dem Wasser zu nahe tritt. (B.)

Bei Kolbingen gehen um der Käppelegeist[ER 1], das Eggenrainweible, der Jägerhansele im Hündlesthal, das Hülbenweible bei der Hülbe, der Klammegeist an der Steig nach Beerenthal und der Härdtlegeist.

Bei Trossingen hört man das „Dangelmändle“. Wenn’s des Sonn- und Feiertags überall still und ruhig ist auf weiter Flur, hört man zur Sommerszeit im Briel dängeln, als wäre es helllichter Werktag. Forscht man nach dem Dängeln, so ist weit und breit Niemand. – Es soll damit folgende Bewandtnis haben: vor mehr denn 80 Jahren lebte in Trossingen ein böser Bauer, der an Sonn- und Feiertagen aus purem Geiz und Eigennutz dängelte; seit seinem Tod muß er dafür an Sonn- und Feiertagen umgehen und dängeln bis in Ewigkeit. (B.)

Auch Sagen von Zwergen finden sich häufig: der „Tellerlistrapper“, ein Zwerg, so dick als ein Stumpen Mehl, geht in Wurmlingen im Gäßle, das an den „Megizer Gärten“


Berichtigungen und Nachträge

  1. S. 136 Z. 26 statt Käpellegeist lies Käppelegeist. Berichtigungen und Nachträge
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)