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          Convocat ad cultum.

So lädt ein frommer Herr die Seinen,
Beim Dienste Gottes zu erscheinen.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der schon einigemal vergrößerte ummauerte Friedhof liegt außerhalb der Stadt, an der Straße nach Schäftersheim, und enthält hübsche Grabmäler, darunter auch einige aus der Zopfzeit.


Das Schloß. Dasselbe ist wohl, seit das Geschlecht der Edelherren von Weikersheim hier seinen Sitz hatte, immer an der jetzigen Stelle gestanden, nämlich in dem Winkel, den Tauber und Vorbach mit einander bilden; links von beiden Wassern, auf dem Raum, der das Schloß vom Vorbachbette trennt, lag „das heilige Werd.“ – Eine andere Frage ist die, ob nicht in älterer Zeit eine Art Befestigung da bestand, wo jetzt der Stadelhof steht, an einer Stelle, welche ziemlich hoch über Tauber und Vorbach sich erhebt; im 13. Jahrhundert aber stand das Castrum Wiggersheim jedenfalls schon an seinem jetzigen Platz.

Machen wir zuerst, ehe wir die einzelnen Theile betrachten, einen Gang um dasselbe und dann vom östlich davon gelegenen Marktplatze aus einen solchen durch Schloß und Schloßgarten. Von außen, z. B. von der Tauberbrücke aus, gesehen, steigt es mit seinen Ziergiebeln und Thürmen hochmalerisch aus den vollen Wipfeln der Eschen, Eichen, Nußbäume und Kastanien, die gegen Westen zwischen dem Schloß und dem Tauberflusse stehen, und im Sommer in ihrem Laubdunkel zahlreiche Nachtigallen beherbergen. Auch wieder als echtes Wasserschloß erhob es sich in der sumpfigen Ecke, gebildet durch die Einmündung des Vorbaches in die Tauber. Fast undurchdringliches Baumdickicht, mit feuchtkühler Luft selbst im Hochsommer, wächst hier an den alten Wassergräben empor.

Ganz anders wieder stellt das Schloß sich vom Marktplatz aus dar: – hier gebietend hinter den Vorbauten aufsteigend und den Eintretenden mit interessanten An- und Durchblicken empfangend. Gleich vorne am ersten äußersten unbedeckten Thor sieht man hinter dem gemauerten schön ausgepflanzten Graben das zweite eigentliche kraftvolle Thor und durch dessen dunkelnden Thorweg hindurch das dritte am Schlosse selbst angebrachte Thor, auch kraftvoll behandelt mit Wappen, Rustika und gähnender Fratze am hohen Schlußstein des Rundbogens.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 783. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0783.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)