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sein will bis an meinen Tod.“ Strenge Beobachtung der gottesdienstlichen Zeiten bei Tag und Nacht Armen- und Krankenpflege in den Spitälern, stilles, alle Ordensglieder, Ritter und Priester verbrüderndes Konventsleben, Aufopferung der Kräfte für das Wohlergehen und den Ruhm des Ordens – das war, freilich nur für die erste Blütezeit, des Ordens Zweck und Bestimmung. Der Orden nahm aber auch, gleich dem Templer- und Johanniterorden, Halbbrüder und selbst Schwestern, auch nichtadeliger Herkunft, auf, die ihr Vermögen entweder sogleich oder nach ihrem Tode dem Orden überließen. 1

In Deutschland war der Ordensbesitz in 12 Balleien eingetheilt: Thüringen, Österreich, Hessen, Franken, Koblenz, Elsaß, Botzen oder an der Etsch, Utrecht, Alten-Briesen, Lothringen, Sachsen, Westfalen. Die Balleien Österreich, an der Etsch, Koblenz und Elsaß gehörten zu der Kammer des Hochmeisters, welcher des ganzen Ordens Oberhaupt war, standen also nicht unter dem Deutschmeister, der über die 8 übrigen Balleien gesetzt und seinerseits mit einigen Kammerhäusern, darunter Frankfurt, Speier, Horneck u. a., begabt, auch seit 1495 gleichzeitig mit Herzog Eberhard von Württemberg, durch Kaiser Maximilian in den Reichsfürstenstand erhoben war. Oberbeamter in der Ballei war der Landkomthur; das einzelne Ordenshaus mit seinem Besitz aber, auch Kommende genannt, leitete der Komthur (commendator, ursprünglich auch praeceptor). In jedem Ordenshaus, das einen ordentlichen Konvent hatte, wurde nach dem Ordensgesetz an jedem Sonntag Hauskapitel zur Berathung der Konvents- und Kommende-Angelegenheiten gehalten. Zur Beschlußfassung über die den gesammten Orden in Deutschland betreffenden Angelegenheiten berief der Deutschmeister die Landkomthure und Statthalter in ein Ordenshaus – von 1526 bis 1805 26 mal (1526, 36, 48, 57, 66, 71, 84, 85, 93, 1606, 18, 25, 27, 63, 64, 71, 79, 94, 1700, 32, 36, 61, 64, 80, 91, 1805) nach Mergentheim zu einem Groß- oder General-Kapitel zusammen. War das Deutschmeisteramt durch Tod oder Verzicht erledigt, so berief der Landkomthur von Franken das Generalkapitel, meist nach Mergentheim, zur Wahl. Außerdem traten häufig mehrere Landkomthure oder auch nur der Landkomthur von Franken und die Komthure dieser Ballei mit dem Deutschmeister zu einem „Gespräch“ oder „gemeinen Gespräch“, gewöhnlich in Mergentheim, zusammen. Endlich fanden in den Balleien theils Jahreskapitel, theils, insbesondere nach dem Tod des Landkomthurs zur Ernennung eines Statthalters, außerordentliche Kapitel statt, wozu in der Regel alle Komthure, Hauskomthure, Pfarrer, Amtleute, zu Zeiten auch andere Ordensleute der Ballei berufen wurden. Zur Abnahme und Prüfung der Rechnungen in den Ordenshäusern, sowie zur Untersuchung der Verhältnisse überhaupt ließ der Deutschmeister durch einen Komthur und einen Konventspriester oder Pfarrer regelmäßige Balleivisitationen vornehmen. An Beamtungen, alle mit Ritterbrüdern besetzt, hatte das Ordenshaus keinen Mangel: da war der Treßler (thesaurarius) oder Hausschatzmeister, der Küchenmeister, Kellermeister (Schaltmeister, für den Weinbau -Kauf und -Verkauf, den Holzbedarf etc.), der Trappier (für die Aufsicht über die Anfertigung der Kleidung), der Kornmeister, der Zinsmeister und Rentmeister, auch Schäffer oder Schaffner, Baumeister, Forstmeister, der Küster (zugleich Vorsänger, Organist etc.) der Spittelmeister oder Siechmeister, der

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)