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3. Die Zungenlaute l und r.

„l und r“ werden manchmal mit einander verwechselt, so in „balwira“ statt barbieren und in „kristira“ statt klystiren. Hie und da wird „l“ an die Endsilbe „e“ angehängt wie in „Träuwel“ statt Traube, „Kreidel“ statt Kreide. „l“ verstummt in „aß“ statt als, in „i sott“, „du sottst“, „er sott“, für ich sollte, du solltest, er sollte, in „sodder“ statt solcher.

„r“ fällt aus in „Stümpf“ statt Strümpfe, „Äbirn“ statt Erdbirn, in „dunta“, „dowa“ statt drunten, droben. Mit einem darauffolgenden „d“ oder „f“ wird es gerne assimilirt, so in „foddern“ statt fordern, „er däff“, „du däffst“ etc. statt er darf, du darfst. Zwischen den Silben „au“ und „ai“ und dem darauffolgenden „r“ wird stets ein „e“ eingeschoben, also „Mauerer“ oder „Maierer“ statt Maurer.



Schließlich sei noch auf einige dialektische Eigenthümlichkeiten aus der Formenlehre und Syntax hingewiesen, nemlich auf die häufige Verwechslung des Dativs und Akkusativs, sowie auf die Umschreibung des Genitivs.

Auf die Frage „wo?“ wird häufig der vierte Fall, auf die Frage „wohin?“ der dritte Fall gesetzt: z. B. wo bist du gewesen? „i bin ins Houlz gwea“ statt ich bin im Holz = Wald gewesen, oder wo bleibt heute der N. N.? „er it krounk, er leit ins Bett“.

Wohin geht er? „er gätt nei der Kärch“ statt er geht in die Kirche.

„Er gätt nuff bein Härtlein.“

„Die Schwalma zieha in Herbst nei der wärmeren Länder“.

„Die Soldaten zogen nei der Schlacht.“

Der Eingang ins Vaterunser wird von Alt und Jung gebetet: „Vater unser, der du bist in Himmel“.

„I’ b’such Ihna“. I’ grüß’ Ihne“ statt Sie.

Der Genitiv wird nur selten gebraucht, statt seiner bedient man sich lieber der Umschreibungen: „dem Nachber sein Kind“ oder „das Kind vom Nachber“ statt des Nachbars Kind.

Der unbestimmte Artikel „ein“ wird nicht vor das zum Steigern gebrauchte Umstandswörtlein „sehr“ oder „recht“ oder „gar“ oder „arg“ – welch letzteres gewöhnlich statt der vorhergenannten

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0153.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)