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Ellwangischen zählte, von dem Fürsten Franz Ludwig gestattet, außerhalb der Residenzstadt ein modifiziertes Klösterlein zu bauen. Es sollte ihnen das seither von dem Kapuzinerkonvent in Dinkelsbühl bezogene Almosen zufallen, während den Dinkelsbühlern im ellwangischen Gebiet nicht mehr erlaubt wurde zu kollektieren, auf dem Schönenberg durften sie keine Votivmessen lesen und keine Schönenbergopfer beziehen, es sollten nie mehr als 12 Personen einschließlich der Laienbrüder sein (eine in der Folge nicht streng eingehaltene Vorschrift) und bei der Aufnahme waren Ellwanger Stadt- und Landkinder besonders zu berücksichtigen. Den 13. April 1730 wurde der Grundstein zur Kirche des Klosters gelegt. Durch königliche Entschließung vom 7. Dezember 1829 wurde die gänzliche Räumung des Klosters verfügt und jedem der drei noch vorhandenen Laienbrüder eine jährliche Pension von 130 fl. bei der Staatskasse verwilligt, das Gebäude sammt dem Garten wurde der Amtsversammlung überlassen, welche eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder (Marienpflege) darin einrichtete. (Vergl. Hirzel, Zur Gründung des ehemaligen Kapuzinerklosters in Ellwangen in Württ. Vjsh. f. Landesgesch. 7, 1884 S. 86–94 und in Betreff der Klosterbibliothek oben S. 493.)

Gegen Ende Novembers, des Jahres 1774 und bis Juni 1775 erregte hier und in weiter Umgegend durch seine, mittelst Exorcismus (angeblich) vollzogenen Wunderkuren an Kranken der verschiedensten Art großes Aufsehen der Pfarrer Joh. Jos. Gaßner aus Klösterle im Bisthum Chur, welcher sich der Gunst des Propsts Anton Ignaz, namentlich aber der Unterstützung der Jesuiten erfreute. Es entstand ein solcher Zulauf – nur innerhalb 4 Wochen einige tausend Personen, darunter 2/3 nicht aus dem Ellwangischen – daß, obgleich Gaßner von 9–12 und 4–7 Uhr thätig war, am 14. Januar 1775 eine eigene Ordnung erlassen wurde, der gemäß der Zulaß ämterweis in einem neuntägigen Turnus stattzufinden hatte (Montags 3 aus der Stadt, 12 aus dem Ammanamt, Dienstags wieder 3 aus der Stadt, 12 aus dem Kapitelamt u. s. w., Donnerstag war für Stadtleute und Fremde bestimmt, Sonntag und Freitag wurde Gaßner zu seiner Disposition überlassen, wenn distinguirte Personen ankamen, konnte der Fürst von dieser Ordnung dispensiren). Bei dem Unfug, der diesem, hier nicht genauer zu untersuchenden Wesen, das seiner Zeit vielen Staub aufwirbelte, mehr oder minder anklebte, erließen in der Folge die Erzbischöfe von Salzburg und Prag Hirtenbriefe gegen Gaßner, Kaiser Joseph II. ließ ihm befehlen, sich von Regensburg, wohin er sich von Ellwangen aus zu seinem Gönner Anton Ignaz als dortigem Bischof begab, zu entfernen und das römische Reich mit seinen Exorcismen zu verschonen und selbst Papst Pius VI. sprach sich in gewissen Richtungen tadelnd gegen ihn aus [1].


  1. Vgl. Berichte und Species facti über Wunderkuren des Joh. Jos. Gaßner, Pfarrers in Klösterle bei Ellwangen 1774–1775, Handschrift
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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_531.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)