Seite:OberamtEllwangen 193.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

städt. låssət, Konj. låss, låssəscht, låss. Kond. läəß städt. ließ. Imperat. låss. Part. glåsst. haben hon (Ries auch hanon): hon, håscht (kurz), hått; hent. Konj. häb. Kond. hätt. Part. ghett (kett). werden wärrə: wurr, wurscht, wurt (alles kurz); wärrət. Konj. wärr. Kond. wûr. Imp. wurr. Part. wårrə. dürfen därfə, durchaus mit ä. können Part. kennt. mögen mengə: mang; mengət. Konj. meng und mêg: Kond. mecht Part. gmecht. müssen Part. gmiəst. wollen wellə: will, willscht (aber wa witt „was willst du“); wellət. Konj. well. Kond. wett. Part. gwellt. fliegen, ziehen und lügen: – iəgscht, – iəgt. liegen (jacere) lîgə: lîg, ləischt, ləit (scheinen allmählich durch lickscht und lickt verdrängt zu werden). Konj. läg. Kond. läəg. geben gäbə: gîb, gəischt und gischt, gəit, gäbət. Konj. und Kond. gäb. Imp. gîb. Part. gäbə. machen: mach, mechscht, mecht. Konj. machəscht, mach. Kond. mäəch. Part. gmacht (nicht gmachət). sagen: sâg, sechscht, saët auch secht bes. städt. Konj. sâgəscht, sâg. Kond. säəg. Imp. sâg. Part. gsaët (und gsackt, oft auch auf dem Lande). So auch schlagen, tragen und jagen, doch Part. gschlâgə, trâgə, gjâgt. mahlen: mêlscht, mêlt. thun donan: duə, duəscht, duət; denannt; Konj. diə. Kond. dät. Part. don. fürchten färchtə: firch, firchscht, fircht; färchtət. Konj. färcht. Kond. färcht (lang). Part. gfårchtə. fangen Part. sehr oft gfangt. denken: Part. denkt. scheiden: Part. gschîdə.

Die im Vorstehenden gegebene Lautlehre und die weiteren Beigaben dürften die ellw. Mundart als eine besondere Spezies des Schwäbischen erscheinen lassen. Findet ja auf sie nicht einmal „das herkömmliche Schiboleth für das Schwäbische“: ganon, stanon, bləibə lanon – seine Anwendung. Im Übrigen besitzt sie, wie das Schwäbische überhaupt, eine reiche Mannigfaltigkeit der Vokale, vor allen für das nhd. e und für die Diphthonge, aber sie hat auch von der lästigen Breite des Schwäbischen ihr wohlgerütteltes Maß erhalten und nimmt an der Verdumpfung der Vokale durch die konsequente Nasalität vor m und n vollen Antheil. Nähert sie sich in manchen Punkten dem Hochdeutschen mehr als ihre Schwestern z. B. dadurch, daß sie das geschlossene ë des Mhd. nicht zu einem Diphthong erbreitert (gǟbə, lǟsə)[ws 1], sowie durch viele Formen der Konjugation u. s. w.; so verliert sie auch wiederum durch die übertriebene Liebe zu schwerfälliger Dehnung, durch das dreifache å: für ehedem langes a. für altes ou und vor r auch noch für kurz gebliebenes o u. dgl. Daher wird bei genauer Abwägung der Eigenthümlichkeiten auf der einen und auf der andern Seite sich ein gewisses Gleichgewicht herausstellen. Da indessen das oben gebotene Material dem Leser ein eigenes Urtheil ermöglicht, so bleibt die Entscheidung darüber, wo mehr oder eigentlich wo weniger Wohlklang herrsche, füglich dem Geschmack des Einzelnen überlassen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. In der Vorlage steht statt des ǟ ein ä mit Zirkumflex, im Zeichensatz nicht verfügbar.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)