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Im Walde Hinterbrand bei Keuerstadt geht der Geist „Brandjockele“ um als Jäger. Bei Lebzeiten war er fürstlich Ellwangischer Jäger, führte ein ausgelassenes böses Leben, schoß das Wild, wann’s ihm einfiel, wohnte in einem der beiden Ellwangischen Höfe im Walde. Seine Dienstleute plagte er bis aufs Blut; ließ sie um 12 Uhr erst ins Bett gehen, um halb 1 Uhr schürte er grünes Holz, daß es gewaltig rauchte und stank, damit die Ehalten aufwachten. Nach seinem Tode wurde wegen dieses Bösewichts der Hof dem Erdboden gleich gemacht. Er selber aber geht, zur Plage seiner Seele und Angst anderer Leute, um als Jäger. (Birl. Volksth. 1, 17.)

In Keuerstadt war ein Bauer, der verstand sich gut aufs Festmachen und die Zauberei. Er konnte die Hirsche zahm machen; fieng sie, lüpfte sie von vornen, welcher der schwerste sei. Wenn man’s haben wollte, so stach er geschwind den fettesten. Konnte sich schuß- und feuerfest machen; keine Kugel that ihm was, Niemand vermochte ihm etwas anzuhaben, der Jäger schon gar nicht. Hie und da machte der Bauer sich zum Holzbock, worauf sich der Jäger setzte und sein Pfeiflein stoppte. Mal am Frohnleichnamstage brannte er Kohlen und glaubte sich ganz sicher. Der Jäger kam auch wieder hinter dem Kohlhaufen und hinter dem Bauer her, dachte, heute könnte er sich doch am Ende nicht fest gemacht haben, schoß ihn in den Rücken und der Bauer blieb auf der Stelle todt. Beim Herzbrückle in Keuerstadt steht ein Bildstock, welcher von dieser Sache Meldung thut. (Birl. Volksth. 1, 331 f.)

Lauchheim. Es mag um die Mitte des 15. Jahrhunderts gewesen sein, als die Herren von Gromberg ihre ganze Herrschaft in Silber umgesetzt hatten. Die männlichen Sprossen waren theils ausgestorben, theils als Hagestolze, theils im geistlichen Stand ohne Nachkommenschaft abgeschieden. Es blieben nur noch drei Fräulein übrig, wovon eines blind war. In den Tagen ihrer seligen Mutter nahm diese sich der blinden Tochter sorgsamst an. Als sie aber starb, kam es zum Theilen unter den drei Töchtern. Ihr vieles Geld maßen sie in Simri. Treu und redlich wollen wir theilen, sagte die älteste zur blinden, ja noch mehr; damit du erkennest, wie gut wir es mit Dir meinen, so wollen wir Deinen Antheil Dir „aufgehäufelt“ geben, während wir zwei das Simri nur gestrichen ausmessen. Der Blinden stellten sie ihr Simri aber verkehrt hin und gaben ihr so ihren Antheil „aufgehäufelt“, welch letzteres sie selbst mit ihren Händen fühlen konnte. Die gutmüthige Blinde war zufrieden und ahnte nichts Böses, hatte sie ja noch nie ein Simri gesehen. Die treulose trügerische Theilung trug aber ihre Früchte: die blinde vermachte das Wenige, das sie hinterlassen konnte, an die Armen und zu einem Seelgeräthe. Die beiden andern vererbten einander; die letzte sollte auch um ein Seelgeräth für beide Sorge tragen. Doch die letzte, es war die älteste, die der Geiz nicht sterben lassen wollte, war stets voll Angst wegen ihres Geldes. Da vergrub sie den größten Theil desselben. Und als sie starb, gingen die Armen leer aus, leer auch die beiden vorher gestorbenen Schwestern; noch heute haben sie kein kirchliches Jahrgedächtnis. – Aber auf der Gromburg mußte sie wandern. Es verstrichen zwei Jahrhunderte und sie saß in lautlosem Schmerz, unter furchtbarer Angst bei einem schwarzen Hund mit feurigen Augen und feurigem Rachen, der ihr

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)