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dem Fuß des Menschen, wie er von Natur gewachsen ist, sondern vielmehr den Fortbewegungsorganen von Thieren, die auf 4 Füßen laufen, oder mit 4 „Greifhänden“ auf den Bäumen herumklettern. Der Menschenfuß wird von hinten nach vorn, von der Ferse bis zur Spitze der kleinen Zehe breiter, hat seine größte Länge an der innern Seite und wird von da von Zehe zu Zehe kürzer; am Thierfuß ist die mittlere Zehe die längste und der Fuß wird symmetrisch nach beiden Seiten kürzer, der Fuß wird gegen die Spitze zu schmäler.

Eingepreßt in ein ganz oder nahezu symmetrisches, d. h. beiderseits von der Mittellinie gleich zugeschnittenes, keilförmig von beiden Seiten nach vorn schmäler zulaufendes, vorn zugespitztes oder quer abgestutztes, der natürlichen Form eines Menschenfußes ganz ungleiches Futteral sind die Zehen bewegungsunfähig gemacht, die Entwicklung ihrer Muskeln und Sehnen ist gehemmt, damit die Kraft gelähmt, welche dem Fuß und besonders dem Fußgewölbe Festigkeit geben soll, und nicht nur die Zehen sind außer Thätigkeit gesetzt, auch das Knöchelgelenk kommt im Gang nicht recht zur Verwendung, die Fortbewegung geschieht mit Hüft- und Kniegelenk. Daher der eigenthümlich schwerfällige Gang und die mangelhaft entwickelten Waden. Kommen irgendwelche weitere Umstände dazu, so entstehen Ausweichungen der Knochen, denen der Halt durch kräftige Muskeln fehlt. Von den Zehen leidet am meisten die längste, stärkste, für den Gang des Menschen wichtigste, die Daumenzehe. Man kann sie zuweilen fast rechtwinklig nach außen abgebogen finden.

Die ärgsten Mißgestalten der Füße macht aber noch nicht der elegante, schmale, spitze, in seiner Form dem Fuß (der Hinterhand) eines Pavians entsprechende Modeschuh, sondern der plumpe zu kurze einem Bärenfuß ähnliche Bauernschuh. Oft ist auch dem wachsenden Fuß des Kindes der Schuh zu kurz geworden, aber er muß so lang getragen werden, bis man ihn gar nicht mehr zusammenflicken kann.

Während sonst nur die kleinen Kinder noch die naturgemäße Form des Menschenfußes zeigen, kann man doch hier, wo der vorherrschende Sandboden das Barfußgehen begünstigt, mitunter auch größere Kinder mit ziemlich geraden Zehen sehen. Im übrigen ist die künstliche Zehenverkrümmung bekanntlich keine Besonderheit dieser Gegend, sondern eine Errungenschaft der heutigen „civilisirten“ Menschheit.


Die Hauptbeschäftigung der Mehrzahl der Bevölkerung ist der Feldbau. Die größte Stadt des ausgedehnten Bezirks hat noch nicht 5000 Einwohner, die zweitgrößte Ortschaft („Stadt“) wenig über 1000, dann kommen Ortschaften mit weniger als 1000, Weiler und Höfe, im Ganzen 315 Wohnplätze. Die vielen kleinen Wasserkräfte sind von den Mahl- und Sägmühlen in Besitz genommen und sonstige fabrikartige Industrie gibt es nicht. Somit fehlt auch die Bevölkerungsklasse der Fabrikarbeiter, und mit den kleinstädtischen und ländlichen Gewerbebetrieben ist meist mehr oder weniger Feldbau verbunden. Einen nicht unbedeutenden Theil der Arbeitskräfte nehmen auch

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)