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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

und dem Kammerschreiberey- (jetzigem Hofkammer-) Gut einverleibt. U. T. ist auch nicht ohne Gewerbe, es hat 6 Gypsmühlen, die von Pferden getrieben werden, 2 Schildwirthschaften, mehrere vorzügliche Handwerksleute, besonders Meubles-Schreiner und einen lebhaften Victualienhandel nach Stuttgart. Eine nicht unwichtige Nahrungsquelle haben sich die Einwohner in den seit 30 bis 40 Jahren angelegten Gypsbrüchen eröffnet. Es besteht eine eigene Gyps-Compagnie, deren Absatz nach allen Richtungen hin, besonders aber nach der Alp, und weiter hinauf, geht. Dieser Erwerb gewährt dem Ort eine jährliche Einnahme von 8000 fl., die neben der Feldarbeit verdient werden. Um den Betrieb dieses Erwerbzweigs hat sich der vormalige Burgermeister Biklen vorzüglich verdient gemacht. 1

Übrigens gehört Unter-Türkheim in Beziehung auf den Wohlstand der Einwohner nicht unter die besten Orte; in Beziehung auf den Gemeindezustand steht es dagegen unter den besten, obgleich der Gemeinde durch die Nachbarschaft des Neckars mancherley außerordentliche Ausgaben verursacht werden. Der Ort hat auch in Gemeinschaft mit dem Staat und der Stadt Canstatt die Brücke zu bauen und zu unterhalten. Die Verpflichtung hierzu beruht auf einem schon bey Canstatt angeführten Vertrage v. J. 1491, wodurch sich die Gemeinden Unter-Türkheim und Canstatt gegen den Grafen Eberhard d. ä. zu dem Bau und der Erhaltung der Brücke, jedoch unter Vorbehalt der freyen Wahl für den Fall, daß die Brücke durch Güsse oder Eis weggerissen würde, anheischig machten. Diese Verpflichtung erscheint bald darauf dahin geändert, daß die Herrschaft die Hälfte, die beyden Gemeinden aber je ein Viertel an der Last zu tragen haben sollen. Die Brücke ist ganz von Holz, mit Ausnahme zweier steinerner Pfeiler, die noch aus älteren Zeiten sind. Mit dem Brückenbauwesen hatte die Gemeinde auch die Unterhaltung der Straße nach Canstatt und Ober-Türkheim auf ihrer Markung übernommen; auf ihre Beschwerden aber wurde diese Obliegenheit durch einen Vertrag von 1581 dahin erleichtert, daß die Gemeinde

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt217.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)