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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Ein Pfund des Eisenschlammes, welcher sich in den Bade-Cabinetten der obern Sulz-Quelle absetzt, lieferten getrocknet 61/2 Unzen Eisenoxyd, 8 Unzen kohlensaure Kalkerde, 21/2 Unzen schwefelsaure Kalkerde. Der Heerd dieser Quellen befindet sich vermuthlich in dem Gebirge, worauf das Dorf Rotenberg liegt. Zu dieser Vermuthung wird man sowohl durch die Beschaffenheit des Gebirgs, als durch verschiedene Erscheinungen veranlaßt. Als im Jahr 1773 der Sulzerainbrunnen angebohrt wurde, ereignete sich bald darauf der bedeutende Erdfall, dessen S. 27 erwähnt ist. In der Richtung von jenem Gebirge gegen den Neckar beobachtet man auch den unterirdischen Lauf von Quellen, von deren Getöse den Wiesen des Bezirks von dem Volke der Name „Trommelwiesen“ gegeben worden ist. In dem Neckar selbst werden mehrere Quellen wahrgenommen.

Von den obigen Quellen werden zu Canstatt 7 als Heilquellen in eigenen Anstalten benutzt. Ihre Wirksamkeit betreffend, verweisen wir auf die vorzügliche Schrift: Canstatts Mineralquellen und Bäder von Dr. Trittschler; Oberamts-Arzt in Canstatt. Stuttgart 1823. Im Allgemeinen sind ihre Eigenschaften auflösend, gelinde eröffend und urintreibend, zugleich aber auch belebend und stärkend, s. darüber die oben angeführte Schrift S. 71 und ff. Als Bad gebraucht wirkt das Canstatter-Wasser besonders bey Gicht, chronischen Rhevmatismen, Schwäche und Nervenübeln. Die Wirkungen des Wassers werden nicht wenig durch die eigenthümliche Quellwärme, man kann sagen, Lebenswärme, unterstützt, womit es dem Schoose der Erde entquillt. Diese Temperatur hat überdieß den großen Vortheil, daß nur der vierte Theil des Wassers einer künstlichen Erwärmung bedarf, um dem Ganzen die erforderliche Badewärme zu geben. Man badet somit in der frischen lebendigen Quelle. Darum wird das Canstatter Wasser auch von ältern und neueren Ärzten außerordentlich gerühmt, und der ehemalige Leibmedicus Centil nennt es einen wahren Lebensbrunnen.

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt113.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)