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Austausch solche an den Markgrafen abtrat. Zur Einführung der Reformation bediente sich der Markgraf wie anderwärts, so im Jahr 1560 allhier Max Mörlins früheren Coburgischen Hofpredigers, Jakob Schmidlin’s und Michael Diller’s, Heidelbergischen Hofpredigers (Fecht Hist. eccl. sec. 16 suppl. 2, 118). Im Jahre 1603 kam dann mit Liebenzell selbst auch der Kirchensatz an die Herrschaft Württemberg, welche das frühere Pfarrvikariat in ein Diakonat verwandelte, und solcher steht auch heut zu Tag sowohl zur Stadtpfarrei als auch zum Diakonat der Krone zu. Die Stadtpfarrei hat zu Filialien Beinberg, Maisenbach, Zainen, Unterlengenhardt (sämmtlich O.A. Neuenbürg); Filialien des Diakonats sind die rechte Uferseite von Ernstmühl (also den Haupttheil dieses Dorfs) und Monakam.

Im Jahr 1645 wurde Liebenzell durch die Franzosen ausgeplündert. Um demselben Schicksal zu entgehen, mußte es 1688 dem französischen General Feuquiere 3000 fl. zahlen. Im Sept. 1692 litt es abermals durch französische Ausplünderung.

Parzellen der Gemeinde und innerhalb der Markung der Stadt gelegen sind die beiden Bäder, nämlich:

a) Das obere Bad, gegenwärtig Eigenthum von Stock, eine mit freundlichen Gärten und üppigen Wiesengründen umgebene Gebäudegruppe, in deren Rücken sich der dicht bewaldete Thalabhang steil erhebt, beinahe 1/4 Stunde südlich von Liebenzell in der Thalebene auf der rechten Seite der nahe vorbeifließenden Nagold gelegen. Dasselbe ist längst Privateigenthum, und besteht in einem einfach erbauten, zweistockigen Hauptgebäude, welches 30 Zimmer enthält, mit einer zwar beschränkten, aber dennoch freundlichen Aussicht in das anmuthige Nagoldthal. Außer dem Hauptgebäude sind noch einige Nebengebäude vorhanden; auf einem derselben hat der Badeigenthümer einen Saal neu erbauen lassen, der mit dem Hauptgebäude mittelst eines Ganges verbunden ist. Die Badeanstalt mit geräumigen Badekabineten und Doucheeinrichtungen erhält ihr Wasser durch ein mit der Quelle in Verbindung gebrachtes, gußeisernes Pumpwerk. Zunächst dem Hauptgebäude steht der Kupferhammer (s. unten). Eine schattige Lindenallee, welche der Erbprinz Friedrich Ludwig von Württemberg im J. 1719 anlegte und 1727 mit einem Lusthaus verschönerte[1], führt in der wiesenreichen Thalebene nach dem nur etwa 600 Schritte nördlich gelegenen unteren Bad.


  1. Das herrschaftliche Alleenhaus wurde 1755 auf den Abbruch verkauft.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_267.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)