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die am 20. December 1698 im Schlosse Winnenthal verstorbene Wittwe des Herzogs Friedrich Karl von Württemberg, Eleonore Juliane, Prinzessin von Brandenburg, vermacht hat und alljährlich am 12. September durch das Königl. Hofcameralamt unter die Armen der Stadt und deren Filialien vertheilt werden, zu erwähnen. 1

Eine übrigens nicht auf die Stadt und das Amt beschränkte Privatanstalt ist die in den obenerwähnten Gebäuden befindliche Paulinenpflege.[1] Sie entstand im Jahr 1823, nachdem schon im Jahr zuvor durch den damaligen Helfer Heim ein Privatverein zu Erziehung verwahrloster Kinder sich gebildet hatte. Die Anstalt wurde den 7. August 1823 unter einem Lehrer als Hausvater mit 20 vollsinnigen Kindern eröffnet und ihr zum Gedächtnisse daran, daß Ihre Majestät die Königin die Kosten der ersten Einrichtung übernommen, der Name, den sie von da an führt, gegeben. Am 22. Juli 1827 wurden die Gründer öffentlich belobt. Der Zweck derselben ist: theils verwahrloste vollsinnige, theils taubstumme Kinder durch christliche Erziehung und Unterricht dem sittlichen Verderben zu entreißen. Sie zerfällt daher in die Rettungsanstalt und in die Taubstummenanstalt, welche räumlich getrennt sind, und hat Zöglinge aus allen evangelischen Theilen des Landes. Die erstere zählt gewöhnlich 65–70 Kinder (ungefähr 2/3 Knaben und 1/3 Mädchen), die Taubstummenanstalt 25–30 (in gleichem Geschlechtsverhältnisse). Zum Ankaufe des Hauses für die letztere erhielt die Anstalt 1837 von Sr. Majestät dem Könige ein Geschenk von 1000 fl. Im Ganzen sind 4 Lehrer angestellt: der Inspektor, welcher in beiden Häusern Unterricht gibt und Hausvater der Taubstummenanstalt ist, der Hausvater der Rettungsanstalt, welcher zugleich die Ökonomie leitet, und zwei Taubstummenlehrer. Unterricht in weiblichen Arbeiten geben die beiden Aufseherinnen. Außerdem besteht unter 2 Aufsehern und den genannten 2 Aufseherinnen die Beschäftigung: bei den Knaben in ökonomischen Arbeiten in Haus und Feld, in gröberen und feineren Strohgeflechten, Verfertigung von Enden- und Litzen-Schuhen, Bändelweben etc., bei den Mädchen im Stricken, Nähen, Spinnen, Unterstützung der Mägde in der Küche u. dgl. Die Leitung der Anstalt führt ein aus 7 hiesigen und 6 auswärtigen Mitgliedern bestehender Ausschuß; die unmittelbare Aufsicht über beide Haushaltungen hat der Inspektor,


  1. Außer den alljährlichen Rechenschaftsberichten s. „Beschreibung der Paulinenpflege zu Winnenden, nach der 1833 erneuerten Hausordnung“ Stuttgart, ohne Jahrzahl.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0212.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)