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Wohnung finden. Letztere bekommen Wohnung, Beholzung und Licht; Andere, welche auswärts nichts oder wenig verdienen können, erhalten blos Mittag-Essen. Kranke werden sogleich in den Catharinen-Hospital gebracht. Die Anwesenden sind daher meist arbeitsfähig und suchen sich Arbeits-Verdienst zu machen. Der Raum gestattet die Aufnahme von 42 Unverheiratheten. Die Übrigen werden in den Räumen des Bürger-Hospitals untergebracht (im J. 1854 40 Personen). Ende 1853 waren 28 männl., 9 weibl. Personen und 18 Familien mit 64 Kindern, zusammen 101 Personen vorhanden. Dem Almosen-Pfleger sind für diesen Zweck 3 Officianten untergeben. Der Aufwand durch die Almosen-Pflege beträgt: für Bettzeug 160 fl., Wäsche 104 fl., Stroh 20 fl., Verwilligungen für auswärts bereitete Kost. 570 fl., Arzneimittel 37 fl., Kleider 600 fl., Gratialien 140 fl., Holz 500 fl., Lichter 100 fl., zusammen 2231 fl. 1

Das nächst den städtischen Einrichtungen zu erwähnende hiesige Waisenhaus[1] ist eine allgemeine Landesanstalt, welche ausschließlich unter die Aufsicht der Staatsbehörden gestellt ist. Herzog Eberhard Ludwig hat durch Erlaß vom 8. Februar 1710 eine allgemeine Collecte durch das ganze Land zum Behuf der Gründung eines allgemeinen Landeswaisenhauses angeordnet, einen Theil des fürstlichen Lustgartens zur Errichtung des Gebäudes als Geschenk abgetreten, und bestimmte jährliche Gefälle zur Unterhaltung der Anstalt. König Friedrich vermehrte 1810 diese Gefälle bedeutend, erhöhte aber auch die Zahl der Zöglinge, so daß hundert derselben in Privatfamilien auf Kosten der Anstalt zur Erziehung abgegeben werden mußten. König Wilhelm ersetzte die 1821 theilweise entgangenen Gefälle durch vierteljährige Zuschüsse aus der Staatshauptkasse, und erweiterte 1840 die mit dem Waisenhaus verbundene Schullehrerbildungs-Anstalt. – Aufnahmsfähig in die Waisen-Anstalt sind solche Kinder, welche ihre Eltern oder wenigstens eines derselben, namentlich den Vater, verloren haben, und wegen ihrer Mittellosigkeit ein Gegenstand der öffentlichen Fürsorge geworden sind. Sie müssen das siebente Jahr zurückgelegt haben, körperlich gesund und bildungsfähig sein, und haben bei ihrem Eintritt ein für allemal 15 fl. zu bezahlen. Aus jedem Oberamte wird eine bestimmte Anzahl von Waisen entweder in dem hiesigen Waisenhause, oder in der Schwesteranstalt in Weingarten, erzogen. Aus dem Stadtdirectionsbezirk Stuttgart befinden sich zur Zeit 23 Waisen in der hiesigen Anstalt. – Im Waisenhaus selbst werden 175


  1. Mittheilung des Waisenhaus-Oberinspectors Schott.
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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0357.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)