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des Hauses stand ein runder Thurm, wovon der vordere, gegen Westen gelegene, einen tiefen Brunnen enthielt, dessen Wasser durch ein Kunstwerk bis unter das Dach getrieben werden konnte. Seit Herzogs Carl Eugen Regierung ist das Haus bleibend für das Theater eingerichtet. Unterhalb desselben lag ein kleiner See mit springenden Wassern, welcher befahren wurde, und zu welchem (1618) ein „venetianischer Gondolier“ bestellt war. – Die Rennbahnen, welche von den Lusthäusern aus überschaut werden konnten, dienten zu den Ritterspielen, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts an die Stelle der um 1490 in Abgang gekommenen scharfen Turniere getreten waren und namentlich von den Herzogen Ludwig, Friederich I. und Johann Friederich sowohl in der Fastnacht, als bei feierlichen Veranlassungen gehalten wurden, obgleich bei einem der ersten (im Jahre 1575) Graf Albrecht von Hohenlohe durch den Fürsten Joachim Ernst von Anhalt mit einer Lanze getödtet worden war. Da gab es Rennen (Turniere) zu Roß, Paar und Paar und in Geschwadern, Fußturniere, Paar und Paar und in Haufen, Ringel-, Baille- und Quintain-Rennen, und im Schönbart (Maske), auch später Carroussels, dies Alles mit phantastischen Aufzügen und mythologischen „Inventionen“ von merkwürdiger Pracht, und mit Grießwärteln, Platzmeistern, Turnier-Richtern und Richterinnen, welche Preis- und Treff-Dänke und Lust- oder Frauen-Dänke austheilten[1]. Den Beschluß machten, durch die Diener ausgeführt, entweder Fechtschulen mit Fechtmeistern und Freifechtern, oder Kübelturniere. Auf der alten Rennbahn wurden später auch große Feuerwerke abgebrannt. – In dem der Aufsicht eines „Armbrusters“ übergebenen Schießhause mit den Schießbergen wurden vielbesuchte fürstliche Armbrust- und Büchsen-Schießen gehalten, wovon das merkwürdigste wohl jenes Armbrustschießen war, das Herzog Christoph am 23. September 1560 veranstaltete und


  1. Hauptsächlich sind zu erwähnen: die oben genannte Schrift von Beyer. – J. Ötinger, Beschreibung der Hochzeit des Herzogs Joh. Friederich mit Barbara Sophia, Markgräfin von Brandenburg, am 6. etc. Nov. 1609. Stuttg. 1610. Kl. Fol. – Repräsentatio der fürstlichen Ritterspiele bei diesem Feste, gradirt und gedruckt durch Balt. Küchlern, Malern zu Schw. Gmünd. Viele Kupfer. Ohne Druckort. Fol. – Philopatrida Charitinus. Wahrhafte Relation der fürstl. Ritterspiele … bei der Taufe des Prinzen Friederich am 10. März 1616, gedruckt bei W. Rößlin und J. A. Cellius. 1616. Fol. – Esaias von Hulsen, Repräsentation … dieser Ritterspiele, bestehend in vielen Kupfern, gezeichnet von G. Thonauer, gestochen von Math. Merian. Ohne Druckort. Fol. – G. Rud. Weckherlin, Kurze Beschreibung des … bei der Taufe des Prinzen Ulrich am 13. Juli 1617 gehaltenen Freudenfestes. Tübingen 1618. – Esaias von Hulsen, eigentliche Abbildung aller Ritterspiele bei diesem Feste. 92 Kupfer, ohne Druckort. Fol.
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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0123.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)