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und ist namhaft höher als das in seiner jetzigen Gestalt jüngere, durch geschmacklose Veränderungen mehrfach entstellte Schiff. Nach einer Inschrift im Chor ist die Kirche 1595 und 1736 reparirt worden. Ihr Inneres ist etwas düster und hat für die Gemeinde nicht mehr Raum genug. Die Baulast hat laut oberstrichterlichem Erkenntniß von 1850 die Stiftungsverwaltung in Eßlingen bei der Unvermögenheit des hiesigen Heiligen, auf welchem zunächst die Verpflichtung ruht. Ein meisterhaft geschnitztes, fast lebensgroßes Crucifix, mehrere eichene, im Geschmack des 16. Jahrhunderts gut geschnitzte Säulen, welche die Emporkirche tragen, von C. G. 1595, der Taufstein mit seinen gothischen Grundformen, die aus einem Stein gehauene Kanzel, die alten, zum Theil gut geschnittenen Chorstühle längs des Chors, an denen an der Nordseite ein knieender Ritter mit dem Holdermann’schen Wappen, angebracht ist, sind sehenswerth und verleihen dem Ganzen ein alterthümliches und ehrwürdiges Gepräge. Auf dem Thurm hängen 4 Glocken; darunter eine sehr große mit dem Evangelistennamen im Jahr 1468 gegossen. Früher hatte die Kirche einen mit einer hohen Mauer umgebenen festen Kirchhof, der in Nothfällen zum Schutz und zur Vertheidigung der Einwohner diente. Im Jahr 1840 ließ man die Mauer niederreißen und den erhöhten, seit 1827 abgegangenen Kirchhof abtragen, wodurch der bis dahin bedeckte Sockel der Kirche wieder freigelegt wurde. Der Begräbnißplatz der Gemeinde liegt am nördlichen Ende des Orts. Das wohnliche, angenehm und frei gelegene Pfarrhaus, wurde 1806 von dem Spital in Eßlingen, dem auch die Erhaltung desselben obliegt, erbaut. Der Ort hat zwei Schulhäuser, von welchen das eine 1811 erbaut, das andere an die Stelle des alten baufälligen im Jahr 1848 von der Gemeinde, welche die Schulgebäude im Bau zu erhalten hat, mit einem Aufwand von 10.960 fl. schön und geräumig hergestellt wurde. Den Unterricht ertheilen zwei Schulmeister, ein Unterlehrer und zwei Lehrgehülfen. Eine Industrieschule, mit welcher im Jahr 1850 eine Kleinkinderschule in Verbindung gesetzt wurde, besteht seit 1832 auf Kosten der Gemeinde. Das Rathhaus, 1836 von der Gemeinde mit einem Kostenaufwand von 14.300 fl. erbaut, ist gut eingerichtet und das schönste im Oberamtsbezirk. Seit 1838 besitzt die Gemeinde ein Backhaus, das erste, das in dem Bezirk errichtet wurde. Der am nördlichen Ende des Orts gelegene, mit einer Mauer umgebene Spitalhof, früher im Besitze des Hospitals Eßlingen, von welchem er in den Jahren 1810, 1825 und 1835 nach und nach durch Kauf an den jetzigen Eigenthümer (Schedel), übergegangen ist, enthält ein geräumiges Wohnhaus, welches ehemals die Eßlingischen Beamten und Verwalter bewohnten, mehrere Ökonomiegebüude, worunter die ehemalige Zehentscheuer und eine Kelter, der das Bannrecht auf die Weinberge der Ortsmarkung

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_186.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)