Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dreyerley Weine, wenn man nicht drey-, zwey- und einjähriges Bier haben kann; ferner dreyerley Brod. Die benachbarten Pfarrer sollen sich Morgens zu Fuß oder zu Pferd in ihren Kuzenkappen mit ihren Meßnern auf den Berg begeben, und so ihnen ein ehrbarer Mann begegnet, sollen sie ihn mit zu Gast nehmen. Auf dem Berge sollen ihre Pferde an das Fuder Heu mit einem neuen Strick gebunden, und denselben ein neuer Kübel mit einem Viertel Haber vorgestellt werden, welche Geräthe die Meßner mit sich nach Haus nehmen mögen. So ein Pfarrer zu spät, oder gar nicht käme, soll er um einen Scheffel Korn gebüßt werden. Die sämmtlichen Geistliche begeben sich dann in ihren Kuzenkappen, jedoch ohne Sporn, in die Kirche, und verrichten die Vigil und Seelenmeß. Nach dem Libera geht der Dekan mit der Stole vor den Chor, legt die beyden Enden der Stole über die beyden Ältesten, und der Kammerer verliest die Stiftung, legt den Eid dem Dekan zur Vollbringung derselben ab, und ladet dann alle Gehörige zur Tafel. Dann heißt er die Sundersiechen um die Stierhaut sitzen, zugleich befiehlt er nun anzurichten. So bald die Herren niedergesessen, schneidet der Kammerer oben in ein Weißbrod ein Loch, und geht mit demselben umher, und jeder hat einen Pfenning einzulegen, das Brod bringt er nun den Sundersiechen, die auf der Stierhaut unten sitzen. Nun wird aufgetragen: zuerst die Schweinsköpfe gebraten oder geröstet, dann die Kräglin und Mäglin, dann versotten Hennen mit guten Stücken Fleisch; dann Sulzfisch mit gelber Brühe, ferner Ir zwayer Herren ein gebraten Gans, in der Gans ein Huhn und in dem Huhn eine Bratwurst. Zuletzt gibt man Trauben, Braten, Käß, Obst u. s. w. Nach einer jeden der angegebenen Trachten wird immer frisch Brod und Wein aufgestellt, auch Alles, was nicht geessen und getrunken wird, jedesmal so wie es abgetragen wird, den Sundersiechen gegeben. Wenn der Imbiß aus ist, so nimmt man was übrig bleibt, von Fleisch, Speck, Schmeer, Unschlitt, roh oder gekocht, und gibts den armen Leuten, die sonst daher kommen.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Rottenburg. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1828, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottenburg_219.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)