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Hinsichtlich der physischen Eigenschaften der Bewohner bemerkt man ein häufiges Zurückbleiben der körperlichen Entwicklung und Hinneigung zur Kropfbildung. Der Vermögenszustand ist sehr ungleich; einige wenige Bürger sind wohlhabend, zum Theil selbst den Reichen beizuzählen, viele ganz unbemittelt, mitunter tief verschuldet, mehrere der öffentlichen Unterstützung bedürftig. Auf der Gesammtmarkung befinden sich vortreffliche und ertragreiche Sandsteinbrüche, aus welchen Bau-, Werk- und Mühl-Steine verschiedener Art gewonnen (s. oben S 23) und nach Außen, letztere bis nach Bayern, verführt werden, und in welchen viele der ärmeren Bewohner eine wohlthätige Gelegenheit zum Arbeitsverdienst finden. Sie sind theils Eigenthum der Gemeinde, theils im Privatbesitz.[1] Es finden sich ziemlich viele Professionisten, darunter auch einige städtische Gewerbetreibende, z. B. ein Waffenschmied, ein Färber, ein Rothgerber etc. Schildwirthschaften zählt man 3, Ölmühle 1, Sägemühle 1, auch besitzt der Ort eine bedeutende Bierbrauerei. Von den beiden Mahlmühlen ist die eine, die Ermsmühle, Gemeindeeigenthum und für 500 fl. jährlich verpachtet. Die Neckarmühle, mit 10 Gängen, ist Privateigenthum; sie war früher eine sehr einträgliche Bannmühle für mehrere umliegende Ortschaften, wurde aber von diesen vor einigen Jahren gemeinschaftlich angekauft, und zur Lösung des Bannes ohne solchen wieder veräußert. Eine Handlung mit Spezerei, Ellwaaren und Eisen, und einiger Bauholzhandel verdienen ebenfalls Erwähnung. Die zwei Vieh- und Krämer-Jahrmärkte, welche der Ort im Frühling und Spätjahr seit 1824 hält, sind von keiner Bedeutung.

Die Corporation ist ziemlich vermöglich; außer andern, zum Theil in Vorstehendem schon genannten Besitztheilen und Revenuen hat sie 264 Morgen Laubwald und bezieht aus der Schafweide 950 fl. Pacht sammt Pförcherlös. Sämmtliche Zehnten werden dem Staat, und zwar der kleine und Heuzehnte für die 1837 verwandelte Pfarrei gereicht. Die Reallasten, welche bisher auf den Gütern ruhten, sind nicht unbedeutend.

Der Ort ist in dem Mündungswinkel der Erms in den Neckar eben und angenehm gelegen, etwas weitläuftig gebaut und hat viele geringe, aber in der Hauptstraße auch mehrere gut aussehende Häuser. Die Straßen sind reinlich. Die Pfarrkirche (zum heiligen Martin dem Bischof) ein geräumiges Gebäude, gehört zu den besser

  1. Beachtung scheint eine vorzüglich gute Töpfererde zu verdienen, welche vor einigen Jahrzehnden als eigener Handelsartikel nach Urach, Neuffen etc. verführt worden, jetzt aber weniger mehr bekannt ist.
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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_181.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)