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Die Einwohner, im Ganzen körperlich kräftige, fleißige und nüchterne Leute, an welchen man übrigens, da der Ort wenig auswärtigen Verkehr hat, etwas Unzugängliches und Herbes bemerken will, leben vergleichungsweise in günstigen Vermögensverhältnissen. Unerheblich und bloß auf örtliche Bedürfnisse beschränkt ist der Gewerbebetrieb, mit welchem sich nur die minder begüterten Bürger befassen. Schildwirthschaften befinden sich hier 5, Mahlmühlen 2, die eine am obern Ende des Städtchens, die andere unterhalb desselben, in welche einige benachbarte Orte gebannt sind, eine Ölmühle, eine Ziegelei, eine Bleiche, eine Kleemeisterei und ein Gemeinde-Back- und Wasch-Haus. Ein Nebenerwerbszweig ist der besonders durch die Neuhauser vermittelte Victualienhandel. Die Gemeinde-Corporation ist in ziemlich guten Umständen, weniger die Stiftungspflege; der Armenkasse ist durch die Abfindung mit dem Hospital Nürtingen ein Capital von 3000 fl. zugeflossen. Die Schönbuchs-Gerechtigkeiten der Gemeinde sind vor 20 Jahren mit einem Laubwald-Distrikt von 233 Morgen und 1 Morgen Sandsteinbruch im Umfang der Markungen Neuenhaus und Schlaitdorf von Seiten des Staates abgelöst worden. Die Nutzung besteht in jährlichen 60–70 Klaftern, welche an die Bürger ausgetheilt werden. Wenn gleich einem sehr fühlbar gewesenen Mangel dadurch einigermaßen abgeholfen ist, so gehen doch noch immer gegen 1800 fl. für Bau- und Brenn-Holz jährlich aus dem Orte.

Der Frucht- und Heu-Zehnte ist zwischen dem Staat (Universität Tübingen[1]) und dem Hospital Kirchheim so ziemlich zu gleichen Theilen getheilt. (Im Jahr 1445 übergibt Graf Ulrich von Württemberg „des Spitals Armen, elenden Dürftigen an ihren Tisch“ den halben Zehnten zu Grötzingen.) Von 155 Morgen hat die Pfarrei Neuhausen den Großzehnten; ein kleiner Zehntantheil steht auch der örtlichen Gemeinde- und Stiftungs-Pflege zu. Der kleine Zehnt gehört dem Hospital Kirchheim ausschließlich. Sämmtliche Gärten sind zehentfrei. Das Fischwasser in der Aich gehört dem Staat, liefert aber keinen Ertrag.

Das Städtchen bildet ein Viereck und ist auf der West- und Süd-Seite von der Aich, auf der Ost-Seite vom Weiherbach umflossen, der sich hier mit der Aich vereinigt. Eine besondere Merkwürdigkeit gab ihm früher seine starke Ringmauer von 24′ Höhe und 6–8′ Dicke, mit Wall, Gräben und 12 Thürmen, von

  1. Diese hatte ihre hiesigen Rechte als Erbin des Stiftes Sindelfingen, an welches sie unter Probst Heinrich Degen († 1457) gekommen waren. Sattler Topogr. 328.
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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_161.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)