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des Bürgerstandes durch eine Realschule zu heben. Schon 1783 wurde hier eine solche, die erste des Landes, nach dem Muster der damals berühmten Berliner Realschule, errichtet. In gleicher Weise waren die Volksschulen immer der Gegenstand väterlicher Fürsorge der städtischen Behörden.

Es war sonach ein sehr angemessenes und verdientes Anerkenntniß, daß 1842 Nürtingen von der Staatsregierung zum Sitz eines der beiden evangelischen Schullehrerseminare ausersehen wurde. Unentgeldlich trat, wie oben bemerkt, die Stadt die Hospitalgebäude ab, bestritt die Kosten der Erbauung einer Musterschule und wendet zur Besoldung des Musterlehrers und Gehülfen jährlich 1000 fl. auf, wogegen sie sich für den Fall, daß der Staat das Institut von Nürtingen zurückzieht, entweder eine Entschädigung durch eine ähnliche Anstalt oder die Überlassung der Gebäude an den Hospital ausbedungen hat, wo alsdann der Staat im Fall des Verkaufs den etwaigen Mehrerlös über die Summe von 20.000 fl anzusprechen, aber von 1843 an dem Hospital 400 fl. jährliche Hausmiethe zu vergüten hätte. Im Nov. 1843 wurde die Anstalt eröffnet. Sie ist auf 80 Zöglinge, die freie Wohnung im Seminargebäude und unentgeldlichen Unterricht genießen, berechnet. Für minder Bemittelte sind Stipendien in Jahresportionen von 30–50–65 fl. vorhanden. Das Lehrerpersonal besteht aus 1 Vorsteher (Rektor), 3 Haupt- und einigen Nebenlehrern. Mit der Anstalt ist eine Musterschule, bestehend aus zwei Mädchenabtheilungen, zur praktischen Übung der Seminaristen im Unterricht verbunden. Eine Präparandenanstalt für Zöglinge des Schulstandes, als Privatanstalt unter der Leitung des Seminarvorstandes, ist im J. 1845 ins Leben getreten.

Die lateinische Schule hat zwei Lehrer (Rektor und Präzeptor); ebenso die Realschule; auf beide bereitet eine Elementarschule gemeinschaftlich vor. Die Volksschule besteht aus drei Knabenschulen mit zwei Lehrern und einem Unterlehrer, und vier Mädchenschulen (außer obiger Musterschule) mit drei Lehrern und einem Unterlehrer. Sämmtliche Lehrer an den städtischen Schulen werden vom Hospital besoldet. Das Nominationsrecht, welches die Stadt jeder Zeit sehr würdig übte, ist ihr durch die neuen Bestimmungen entzogen worden.

Industrieschulen werden in den Wohnungen von 15 Lehrerinnen gehalten, welchen das Lehrgeld für ärmere Kinder aus öffentlichen Kassen bezahlt wird.

Hier ist noch zu erwähnen, daß eine hospitalische Bibliothek, welche längere Zeit wenig beachtet gewesen war, jetzt in dem neuen Schulgebäude sich befindet; es wird wieder mehr als früher dafür

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_124.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)