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Ottmarsheim,


Gemeinde III. Kl. mit 804 evang. Einw. – Ev. Pfarrei.

Der mittelgroße, ziemlich gedrängt gebaute Ort hat auf der Hochebene über dem nur 1/4 Stunde südlich gelegenen Neckar-Thale eine sehr angenehme, freie, jedoch etwas geschützte Lage, indem er an den ganz mäßig geneigten Abhang eines leicht eingefurchten Thälchens hingebaut ist, dessen gegenüberliegender Thalabhang einigen Schutz gegen Nordwinde bietet. Etwa 1/8 Stunde südlich vom Ort, da wo die Straßen nach Mundelsheim und nach Besigheim sich kreuzen, erschließt sich dem Auge eine ausgezeichnet schöne Rundsicht: gegen Osten über den Wunnenstein hinweg an die Löwensteiner Berge mit dem Stocksberger Jägerhaus; gegen Südosten an den Lemberg und an die Berge bei Winnenden; gegen Süden über die Hochfläche bei Ludwigsburg hinweg in die Stuttgarter und Eßlinger Gegend mit einem Theil der Alb im Hintergrunde; gegen Südosten an den Asperg und die Solitude, gegen Westen an den Stromberg mit dem vorstehenden Michelsberge und an einen Theil des Schwarzwalds; gegen Nordwesten an den Heuchelberg mit seiner Warte und im Hintergrunde wird der Kaiserstuhl bei Heidelberg noch sichtbar und gegen den Norden an den Wartberg bei Heilbronn und den Odenwald mit dem Katzenbuckel. Die von dieser Stelle etwas westlich gelegene, weithin sichtbare Ottmarsheimer Kelter, welche im Winter 1853/54 abgebrochen wurde, lag 1074 württ. Fuß über dem Meere.

Der im allgemeinen freundliche, meist aus mittelgroßen Gebäuden bestehende Ort ist reinlich gehalten und ziemlich regelmäßig angelegt. Die Kirche, das Pfarr- und Schulhaus liegen etwas erhöht mit freier Aussicht an dem südlichen Ende des Dorfs; erstere ist dem h. Hippolytus geweiht und ursprünglich im spätgothischen Style erbaut, der im Laufe der Zeit theilweise, gerade nicht zum Vortheil des Baues, verändert wurde. Das Langhaus hat spitzbogige Fenster ohne Maßwerk, dagegen enthalten die Fenster des nahmhaft über das Langhaus sich erhebenden, mit Streben versehenen Chors noch Maßwerk, das die spätgothische Periode bekundet. An der Westseite des Schiffs erhebt sich schlank und hoch der aus 4 Geschossen bestehende, viereckige Thurm, dem ein sechsseitiges, mit Schiefer gedecktes Pyramidendach aufgesetzt ist. Das untere Stockwerk des Thurms hat einen spitzbogigen, mit schönem Netzgewölbe versehenen Durchgang; über demselben steht anno domini 1502, wohl die Zeit der Erbauung der Kirche. Das Langhaus jedoch brannte (vermuthlich 1693)

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0272.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)