Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das Stift dagegen seinen Ansprüchen auf die Pfarrei zu Kleinaspach, die Kaplaneien in der Magdalenenkirche zu Beilstein und in der St. Blasiuskapelle auf dem Petersberg bei O. für Bezahlung von 500 fl. entsagte und die Obrigkeit in Winzerhausen dem Herzoge überließ. Über die Nomination zur Stiftspredigerstelle spann sich der Streit noch fort (wobei Württemberg geltend machte, daß die Stiftskirche seit langer Zeit auch zum Gottesdienst für die Gemeinde diene), bis durch Vertrag vom 25. Mai 1609 dem Stift das Patronat- und Kollaturrecht zugesprochen wurde, wogegen dem württ. Konsistorium die Prüfung des Pfarrers in Rücksicht auf die Reinheit seiner Lehre und auf seinen Lebenswandel zustehen sollte; auch sollte der württ. Special alljährlich die Visitation vornehmen. Unordnungen, welche in dem Stifte eingerissen waren, veranlaßten 1709 den Reichshofrath, daß er dem Herzog Eberhard Ludwig befahl, eine Untersuchungskommission dahin zu senden, welche über den Lebenswandel der Stiftsdamen Arges berichteten. Indeß brachte es das Stift, mit welchem auch die schwäbische Ritterschaft im Streite lag, abermals zu einem Reichshofrathsprozeß mit Württemberg, welcher nach 20jähriger Dauer durch Vergleich vom 9. Januar 1730 beendigt wurde. Hienach erkannte das Stift die Herzoge von Württemberg als seine ewigen und unwiderruflichen Schutz- und Schirmherren an, und bekannte, daß es ihnen jederzeit mit geziemendem Respekt und Ehrerbietung zu begegnen so schuldig als willig sei. Württembergische Abgeordnete sollten befugt sein, jeder Äbtissinwahl, jedoch ohne Koncurrenz, Einmischung oder Einrede beizuwohnen.

Bereits im J. 1247 erscheint das Stift im Genuß ansehnlicher Güter (Würt. Jahrb. 1840, S. 545); seine bedeutendste Besitzung überhaupt war das Dorf Winzerhausen, welches 1610 an Württemberg verkauft wurde. Die Sage läßt die damalige Äbtissin sehr lebensfroh und tanzlustig sein und es hieß von ihr, sie habe das Dorf vertanzt. Sonst besaß das Stift keine Ortschaften und Höfe, dagegen die Stiftsmühle in O.; an Zehnten und Gefällen bezog es vor 1802 jährlich 15.000 fl., besonders zu O., Kirchberg, Mundelsheim und Weinsberg. Außer in O. besetzte es in Eberstadt (OA. Weinsberg) und in Mundelsheim die Pfarrei.

Vor der Umgestaltung im gegenwärtigen Jahrhundert war das Stift mit einer Äbtissin, 3 Stiftsdamen und 2 Novizfräulein besetzt, welche wo möglich immer aus Familien des ritterschaftlichen Kantons Kocher erwählt wurden und, wenn sie wollten, das Stift wieder verlassen und heirathen durften (jedoch in diesem Fall den vierten Theil

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0266.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)