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Mit diesen beiden Orten und mit Prevorst bildete es später auch ein eigenes Gericht, wo von Alters her weder Hauptfall noch Fälle gegeben wurden, die Lehensinhaber aber jährlich neben ihren Lehengefällen eine jährliche Lehenbede von 4 Pf. Heller Geld und einigen Simri Haber und Roggen entrichteten (Reyscher Statutarrechte 228).

Ein hiesiges Freigut trat das Stift Oberstenfeld im Jahr 1659 dem Rittercanton Kocher ab.

b. Prevorst (alt Brechfürst), ein sehr ansehnlicher, in die Länge gedehnter, gleichsam nur eine Straße bildender Weiler, der 43/4 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt frei und hoch auf den Löwensteiner Bergen liegt und von dem man eine weitgedehnte, herrliche Aussicht über den Wald hinweg an die Alb, in die Stuttgarter Gegend, an den Odenwald und die Vogesen genießt. Der Ort ist sehr freundlich und die gerade nicht großen, aber gut gehaltenen Häuser, vor und neben denen hübsche Gärtchen liegen, lagern sich mäßig gedrängt an der wohl erhaltenen Ortsstraße.

Das ansehnliche Schulhaus mit Thürmchen und Uhr auf dem First, enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Ein Methodisten-Bethaus ließ die Gesellschaft im Jahr 1865 in einem ansprechenden Styl erbauen.

Der mit einem Zaun umfriedigte Begräbnißplatz liegt außerhalb des Orts.

Das Wasser wird aus 2 Hülben bezogen, die jedoch in trockenen Jahrgängen so sehr nachlassen, daß Wassermangel entsteht und der Wasserbedarf auswärts geholt werden muß.

Die Prevorster sind lebensfrohe, ausdauernde, jeder Anstrengung und Witterung trotzende Leute, deren Erwerbsmittel in Feldbau, Viehzucht, Holzhandel und Hausirhandel mit Besen, Wachholdermehl, Waldbeeren, officinellen Kräutern etc. bestehen. Die gute alte Volkstracht hat sich hier noch weit reiner erhalten als in den Orten des Flachlandes und der Thäler; man trifft noch ziemlich allgemein den dreispitzen Hut, die gelben Lederhosen, den weißen Zwilchkittel und das rothe Brusttuch mit Rollknöpfen.

Die Vermögensverhältnisse sind ziemlich ungleich, indem neben einzelnen Wohlhabenden ziemlich viele minder Bemittelte vorhanden sind; die ersteren treiben Holzhandel, die letzteren Hausirhandel. Der vermöglichste Einwohner besitzt 40 Morgen Grundeigenthum, der sog. Mittelmann 10–15 Morgen, die unbemitteltere Klasse 1/2–1 Morgen und mehrere haben gar keinen Grundbesitz. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 5 Personen.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0191.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)