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Die Gemeinde zählt viel Arme, überhaupt gehören die Einwohner zu den minder Vermöglichen des Bezirks, und der Meistbegüterte besitzt nur 40 Morgen. Den Haupterwerb bilden Feldbau und Viehzucht, nebenbei treiben Viele noch Holzhandel nach Stuttgart; die Gewerbe dienen zunächst nur dem örtlichen Bedarf, mit Ausnahme einer nicht unbeträchtlichen Anzahl Hafner, welche in den benachbarten Oberamtsbezirken ihre Waaren auf Märkten absetzen. In der neuesten Zeit beschäftigt die Weißstickerei etwa 50 Mädchen. Weniger Bemittelte arbeiten als Holzmacher in den nahe gelegenen Staats- und Gemeindewaldungen; Einzelne handeln mit Silbersand, den sie im Schönbuch gewinnen, und auswärts, zuweilen sogar bis in die Schweiz, absetzen.

Die Landwirthschaft wird so gut, als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, betrieben; nach Dreifelder-Eintheilung mit zu 1/3 angeblümter Brache werden mit beinahe allgemeiner Anwendung des Flanderpflugs und der Walze, Dinkel, Hafer, welcher sehr gut geräth, Gerste, Einkorn, wenig Weizen, Roggen nur um des Bindstrohs willen, Erbsen und Linsen gebaut. Zur Besserung des Bodens kommt außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Gips, Hallerde und Compost in Anwendung. In der Brache pflanzt man Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Kraut, Kohlraben, Ackerbohnen (diese zuweilen auch unter den Hafer) und in neuester Zeit die Riesenmöhre; von Handelsgewächsen zieht man viel Hanf, der sehr gerne gedeiht, etwas Reps und nur wenig Mohn. Auf den Morgen wird ausgesät 1 Scheffel Dinkel, 4 Sri. Hafer, 2 Sri. Gerste, 4 Sri. Einkorn etc., und der durchschnittliche Ertrag wird zu 6–7 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Hafer, 3–4 Scheffel Gerste etc. angegeben. Der höchste Preis eines Morgens Acker beträgt 300 fl., der mittlere 150 fl. und der geringste 25 fl. Früchte werden nur wenig nach Außen verkauft.

Der Wiesenbau ist sehr beträchtlich; die Wiesen, wovon nur 8 Morgen bewässert werden können, sind, mit Ausnahme der Ackerwiesen, zu 2/3 zweimähdig und ertragen durchschnittlich per Morgen 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 60–300 fl.

Weinbau wurde früher in den sogenannten Reutenen getrieben, ging übrigens schon vor etwa 300 Jahren ab (siehe die oben angeführte geschriebene Chronik).

Die Obstzucht, hauptsächlich Mostsorten und Zwetschgen, ist von namhafter Ausdehnung und erlaubt in günstigen Jahren einen erheblichen Verkauf nach Außen. Die jungen Stämme werden von Mauren, Einsiedel und Hohenheim bezogen.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_210.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)