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und einigem Wein eingenommen, sodann mit voranschreitendem Musikcorps und unter Pistolenschüssen zur Kirche gegangen, hierauf unter nochmaligem Geknall auf den Tanzboden gezogen. Hier hält der Schulmeister eine Beglückwünschungsrede, in der Anspielungen auf das Ansehen der Familie, deren Wohlstand u. dgl. vorkommen müssen. Kaum hat er Amen gesagt, so fällt mit Gekreisch die Tanzmusik ein, und nun müssen zuerst Braut und Bräutigam miteinander, hernach jedes von ihnen mit den Hochzeitsknechten und Mägden der Reihe nach tanzen. Hiebei wird genau darauf gesehen, daß dieser sogenannte Brauttanz mit Anstand und Gewandtheit, und ohne Fehler ausgeführt wird, denn das Vorkommen eines solchen, Straucheln, Fallen, Verlieren des Huts, oder Zerknittern und Zerstreuen des Straußes gilt für eine böse Vorbedeutung. Gegen 5 Uhr des Abends folgt dann das eigentliche Hochzeitsmahl, wobei abermals Reis oder Nudeln und Rindfleisch, dann das saure Voressen, Kraut und Schweinefleisch, hierauf Schweinebraten und Würste die Hauptgerichte bilden. Während des Essens trägt das Hochzeitsgesinde eine mit Kinderkleidern angethane Puppe, den zu erwerbenden Kindersegen andeutend, unter meist nicht sehr züchtigen Gesängen mit Musikbegleitung herein, und ein Hochzeitsknecht hängt sie tätschelnd und streichelnd unter brüllendem Gelächter der Anwesenden, die das hundertmal Gesehene immer wieder belachen, an einem Haken in der Zimmerdecke auf. Nachts gegen 12 Uhr, ohne namhafte Abwechslung der Gerichte, abermals Essen, das bei angesehenen Familien herkömmlich mit gebackenen Kalbsfüßen schließen muß. Gegen Morgen wird unter Posaunenschall der Kosten des trockenen Tisches ausgerufen, was nicht nur das nicht sehr beachtete Signal zum Aufbruch, sondern auch zum Abgeben der Hochzeitsgeschenke bedeuten soll. Die Heimziehenden werden hinausgegeigt und hinausgetrompetet. Nach solcher Gestalt im Wirthshause beschlossenen ersten Tagen folgen noch 4 bis 5 andere außer dem Wirthshause, wobei oft in mehreren Ortschaften in den Häusern der Verwandten unter den Tönen zum Tode ermüdeter Musikanten herumgezogen, und jene mit Essen und Trinken gebrandschatzt werden. – Mit mehr Ernst und Würde und ohne Geräusch, wofern nicht der Wein die Theilnehmer zum Gesang befeuert, werden die Taufschmäuse, hier „Taufzechen“ genannt, begangen. Da sie Ehrensache sind und Gelegenheit zu einer Vereinigung der Verwandten oder Freunde geben, auch durch die Pathengeschenke und andere Unterstützungen nicht ohne einige Vergütung der Kosten bleiben, so steht kaum der ärmste Mann davon ab. Sie haben nichts Eigenthümliches, als daß nach der Suppe und dem Rindfleisch Schweinefleisch mit Kraut, dann einiges

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0048.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)