Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Damit zusammenhängend ist das so oft vorkommende hitzige Fieber der Kinder aus Convulsionen und Krampf, das deßwegen so häufig tödtlich wird, weil es irrigerweise für eine Folge des unschuldigen Zahnens oder als Wurmfieber angesehen und meist zu spät die ärztliche Hülfe dagegen angesprochen wird. Die erwähnten Orte sind es auch, wo die Cretinen[1] und die cretinen-artigen Geschöpfe zum Vorschein kommen. Auch der im Oberamte so häufig vorkommende Kropf hat seine organische Ursache nur in der Scrophelkrankheit, deren Anlage rein organisches Erbtheil ist. Diese scrophulöse Anlage bedingt auch die, bei uns ziemlich häufig vorkommende Schleim-, Hals- und Knoten-Lungensucht, sowie die Wassersucht in ihren verschiedenartigen Krankheitsformen, unter denen im späteren Leben die Scrophelkrankheit erscheint, und woraus jene sich als aus ihrer organischen Wurzel zu entwickeln scheinen. 1

Zu einigen selteneren chronischen Übeln für die einzelne Orte im Oberamtsbezirk, namentlich Orlach, Elzhausen, Wolpertshausen, Thüngenthal, Michelfeld und Bubenorbis Anlage haben, gehören mehrere Fälle von natürlichem Somnambulismus sowohl beim


  1. Völlig entwickelter Cretinismus kommt im Oberamt nicht vor, wohl aber fanden sich 1839
    in der Stadtgemeinde Hall bei einer Bevölkerung von 6568 Seelen:
     Halbcretinen und mehr oder weniger Blödsinnige
    057
    0 Vellberg mit Thalheim, Eschenau und Schneckenweiler unter 1041 Seelen 039
    0 Anhausen mit 454 Seelen 015
    0 Westheim mit 529 Seelen 010
    0 Steinbach mit 1103 Seelen 009
    0 Gelbingen mit 337 Seelen 008
    0 Gailenkirchen mit 860 Seelen 006
    0 Unter-Asbach mit 503 Seelen 004
    0 Bibersfeld mit 944 Seelen 004
    0 Hessenthal mit 554 Seelen 003
    0 Thüngenthal mit 554 Seelen 001
    156

    Die Meisten dieser Unglücklichen sind entweder Halbcretinen, oder sie leiden an angeborener Übelhörigkeit und stammelnder Sprache mit oder ohne Blödsinnigkeit. Im Allgemeinen scheint jedoch das Übel im Abnehmen begriffen zu seyn, während Kropf, Skropheln und Rhachitis eher zu- als abnehmen. Die meisten der angeführten Ortschaften haben eine mehr oder weniger feuchte Thalluft, und die auf dem Plateau und den Bergen gelegenen, einer freien, gesunden Luft genießenden Gemeinden sind in der Regel frei von diesem Übel, oder es erscheint dasselbe doch in geringerem Grade.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0041.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)