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mittelst eines quer über den Bergrücken geführten ausgemauerten Grabens gut vertheidigt. Die Stadt hatte zwei Thore, von denen das „obere“ an der Südseite zwar noch vorhanden, jedoch nicht mehr im Gebrauch ist, dessen alter viereckiger Thurm aber gegenwärtig als bürgerliches Gefängniß dient. Das schon längst abgebrochene „untere Thor“ war ein Doppelthor und stand an der westlichen Stadtmauer bei dem Herdegen’schen Hause, an dessen Stelle nach mündlicher Überlieferung ein Asyl gestanden haben soll, wo Verfolgte und Verbrecher 24 Stunden Schutz fanden. An der Westseite der ehemals wohlbefestigten Stadt, welche schon im Jahr 1003 ein Castrum genannt wird (Wirt. Urk.-Buch I., 240), hat sich im Laufe der Zeit die Neustadt angebaut und über den Abhang gegen den Neckar und an diesem thalaufwärts ausgebreitet; auch diese sog. untere Stadt wurde in das Befestigungssystem gezogen und erhielt Mauern, Graben und zwei Thore mit festen Thürmen. Von den beiden, erst in diesem Jahrhundert abgegangenen Thoren, stand das „Mühlthor“ an der südlichen Seite der Vorstadt, das „Brückenthor“ gegen Westen am Eingang der Brücke. 1

Einen Theil der Stadt bildet die alte Burg, auch das untere Schloß genannt, nebst dem aus neuerer Zeit stammenden Rathhause, auf der malerischen Felseninsel stehend, die, wie schon erwähnt, durch eine steinerne Brücke, welche ohne Zweifel an die Stelle einer ehemaligen Zugbrücke kam, mit der Vorstadt verbunden ist. Von der ehemaligen, rings ummauerten ansehnlichen Burg, die aus mehreren Gebäuden bestand, ist nur noch ein wohlerhaltener, viereckiger Thurm mit einen an seine Südseite angebauten Mantel vorhanden; ein Thorthurm, der die Schloßbrücke beherrschte und zugleich den Eingang in die Burg bildete, wurde erst im vorigen Jahrhundert abgebrochen. Jener Thurm hat eine Höhe von 80′ beziehungsweise von 103′, (wenn man den Felsen oberhalb der, an der Nordseite gelegenen, Mühle als Fundament rechnet); eine Seite beträgt 18′, im Licht 8′, somit die Mauerdicke 10′. Der rundbogige Eingang befindet sich etwa 30′ über der Erdfläche an der Westseite, wo das gegenwärtige Rathhaus anschließt, so daß man von diesem in den Thurm gelangt; eine weiterer Eingang ist auf der Nordseite, etwa 20′ über der Erdfläche angebracht und führt auf den Boden, durch den man mittelst einer viereckigen Öffnung in das noch zugängliche unterste 19′ tiefe Stockwerk des Thurmes (Verließ) gelangen kann. Von diesem Eingang führte innerhalb der Thurmmauer eine ganz schmale, steinerne Treppe aufwärts, welche die Verbindung der unteren Gelasse mit den oberen herstellt. In den oberen Stockwerken des Thurmes, auf welchem eine in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgetragene hölzerne Burgwächterswohnung stund, führt eine hölzerne Treppe,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0253.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)