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Nach dem weit verbreitenden bis ins Ausland reichenden Volksglauben sollen schon Blinde, Lahme, wie überhaupt körperlich und geistig Kranke hier Heilung gefunden haben. Früher sollen Unsinnige und Besessene zu diesem Grabe gebracht worden, auf dasselbe in ein eigenes darauf gemauertes Häuslein in Ketten gelegt und eine Nacht daselbst gelassen worden sein, worauf einige wieder zu Sinnen gekommen seien. Im Jahre 1598 wurde der Grabstein gehoben und man fand darunter die Reliquien der Gebeine Walderichs ordentlich eingemacht.

Spuck- und Geistergeschichten waren früher viele im Umlauf; dieselben verlieren sich aber allmählig und nur einige sollen hier noch angeführt werden: der Vogt Jakob Hofseß, welcher im Jahre 1575 wegen Betrügereien enthauptet wurde, geht um Mitternacht nach einigen als großes Kalb, nach anderen als großer schwarzer Pudel in gewissen Straßen der Stadt umher.

Hinter dem Kirchhof am Waltersberg herum bekämpfen sich die Geister zur Adventzeit, indem man bei Nacht gaukelnde Lichter bald da, bald dort mit einander streiten sieht.

Auch am Katzensteigle, am Steinmäuerle und am Forstbühl soll es nicht geheuer sein und an diesen Stellen sollen die Wanderer durch blendende Lichter irre geführt werden.

Als vor Zeiten die Pest wüthete und es in Folge deren an Leuten für die Feldgeschäfte fehlte, sollen auf den Brennäckern nahe bei der Stadt Erdmännlein erschienen sein, die den Leuten dienstfertig bei der Heuernte halfen und ihnen zuriefen:

„Eßt Knoblauch und Bibernelle,
So werdet ihr nicht sterben älle.“

Dieses Mittel soll nun auch geholfen haben.

Über die noch auf der Markung Murrhardt liegende Hunnenburg s. die Ortsbeschreibung von Fornsbach.


Geschichte der Stadt.

Über die Entstehung und allmählige Weiterentwicklung der Stadt Murrhardt fehlt uns jegliche Nachricht; ihr Aufkommen hing vielleicht zusammen mit dem gleichnamigen Benediktinerkloster, dessen Geschichte unten genauer angegeben wird. In den noch erhaltenen ältesten Originalurkunden wird der Name Murraharht, Murehart, Murrehart geschrieben. Als „civitas“ wird die Stadt erstmals im Anfange des 14. Jahrhunderts bezeichnet. Ein Ulricus miles de Murrehart wird i. J. 1261 als Zeuge in einer Urkunde des Klosters Schönau aufgeführt (Gudenus Sylloge 236).

Murrhardt bildete mit der dortigen Klostervogtei ursprünglich einen Bestandtheil der Grafschaft Löwenstein und kam mit dieser den

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/241&oldid=- (Version vom 1.8.2018)