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rechten Murrufer gelegene Theil der unteren Vorstadt wird „Kalabre“ genannt (vergl. hierüber württ. Jahrbücher, 1837, I, 97).

Im Jahr 1765 brannte die Stadt beinahe ganz ab (s. u.) und erhielt dann bei ihrem Wiederaufbau eine regelmäßige Anlage; die meisten Häuser stammen daher aus der Zeit gleich nach dem Brande, sie sind meist von Mittelgröße und haben zum Theil noch ein ländliches Ansehen; besonders große und schöne Privathäuser giebt es keine. Die ehemalige, fast noch ganz erhaltene Stadtmauer läuft vom untern Thor über den sog. Graben (östlich) bis zum obern Thor, von da, eine Ecke bildend, um die Klostergebäude und dann hinter der Schulgasse hin bis wieder zum unteren Thor. Neben der Stadtmauer lief bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts ein breiter Graben. Von den drei mit ihren Thürmen längst abgegangenen Thoren stand das obere an der Südseite, das untere an der Nordseite und das Brandthor an der Ostseite der Stadt; dann bestand noch das Schulthörle an der Westseite. Von Thürmen an der 5′ breiten, einst mit einem Umgang versehenen Stadtmauer weiß man nur den theilweise noch erhaltenen Hexenthurm an der Südwestecke der Stadt; in seinem untersten Geschoß ist das gewölbte Hexenverließ.

Beinahe in der Mitte der Stadt liegt der geräumige längliche Marktplatz, auf dem ein hübscher steinerner Brunnen mit der Bildsäule eines württembergischen Herzogs steht. Die breite und wohlgepflasterte Hauptstraße theilt die Stadt von Norden nach Süden beinahe in zwei gleiche Hälften; die Seitenstraßen sind regelmäßig angelegt, jedoch theilweise in Folge stark betriebener Viehzucht von Düngerstätten beengt.

Zu ganz besonderem Schmucke gereicht der Stadt die am Westende liegende Klosterkirche, welche in der an den Nordthurm angebauten Walderichskapelle ein Bauwerk ersten Ranges besitzt.

Die Kloster- oder Stadtkirche bildet ein zum größten Theil in gothischen Formen aus Keuperwerksteinen aufgeführtes stattliches Gebäude von 152′ innerer Länge, das Mittelschiff ist 28′ breit bei 36′ Höhe, die Nebenschiffe sind nicht ganz halb so breit, das Kreuzschiff mißt 54′. Von der ersten in sehr frühe Zeit zurückgehenden Anlage der Kirche steht noch der südliche Thurm und das unterste Geschoß des nördlichen; sie war eine dreischiffige romanische Basilika, deren Hauptschiff gegen Osten mit einer großen halbrund zwischen beiden Thürmen heraustretenden Abside schloß und welch letztere dieselbe Ausdehnung hatte, wie der jetzige vieleckige Chor; man sieht die Grundmauern dieser Abside innen an der Chorwand noch etwas aus dem Boden herausragen; die Seitenschiffe der alten Basilika schlossen einst mit den tonnengewölbten jetzt zugemauerten Erdgeschossen der beiden Thürme. Der südliche, bis zum vierten Geschoß, das neu und von Holz ist, frühromanische Thurm, zeigt noch Rundbogenfriese,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)