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Rechnung thun, durften auch ohne Württembergs Wissen und Willen keinen kostbaren Bau außerhalb des Stifts unternehmen und nichts veräußern. Verstöße seiner Untergebenen gegen die geistliche Ordnung hatte der Probst zu rügen „nach Rath seines Capitels, des mehreren Theils desselben oder der Pfaffheit,“ welche der Graf ihm hiezu bescheiden würde; lebte der Probst selbst unredlich oder unordentlich, so sollten die Stiftsherren es dem Grafen anzeigen, der ihn dann „nach Rath guter Pfaffheit durch seinen Bischof oder sonst“ werde strafen lassen. Dem Probst wurde der Genuß des ihm von seinem Vater erkauften Zehentens zu Maubach sowie der Kirche in Weiler zum Stein, und wenn er abdanke, ein hinreichendes Leibgeding zugesichert. Probst und Chorherren mußten diese Ordnung beschwören und auf alle schon erlangten oder künftig noch zu erlangenden Briefe Freiheiten und Privilegien, welche deren Inhalt widersprächen, verzichten (St.-A.).

Zu einem dauernden Wohlstande aber kam das Stift nicht mehr, vielmehr bewirkten eigene Nachlässigkeit und Sorglosigkeit nicht nur, sondern auch (wie wenigstens in der alsbald zu nennenden päbstlichen Bulle behauptet wird) die demselben durch die Grafen von Württemberg zugemutheten Ausgaben und Gastrechtsverpflichtungen, daß es in seinem Vermögen ganz herabkam. Der Probst Jakob Wick gab sich zwar alle Mühe, dem Verfall zu steuern, allein vergeblich. Weil er daher fürchtete, sein Nachfolger möchte den Ruin der Anstalt vollenden, da in ihr sehr viele junge ungebildete und unerfahrene Chorherren waren, so wandte er sich in Verbindung mit dem Grafen Ulrich von Württemberg an den Pabst Sixtus IV. mit der Bitte, das Stift in ein weltliches Collegiatstift zu verwandeln.[1] Der Pabst beauftragte darauf den 17. Juli 1477 den Bischof Mathias von Speier und den Probst an der S. German- und S. Mauricius-Kirche daselbst, die Verwandlung nach dem Muster des Stifts S. Guido zu Speier vorzunehmen, dem Hause Württemberg, wenn der Graf auf jene Ansprüche an das Stift verzichte, das Patronats- und Präsentationsrecht vorzubehalten, und zwar in der Weise, daß ein Probst dem Pabste, die Chorherren, Pfründner und sonstige Beneficiaten dem Probste zu präsentiren wären, ferner dem Probste und Kapitel nach dem genannten Muster ein Jurisdiktionsrecht in peinlichen und bürgerlichen Sachen zu bestimmen, sowie dem Probste für die Seelsorge und den Gottesdienst zwei Weltgeistliche zuzuordnen. Der Auftrag wurde auch wirklich vollführt und den 30. Nov. 1477

  1. Der eigentliche Grund war aber wohl der, daß es den Mönchen um eine freiere Lebensart zu thun war, daher auch Trithemius de observ. Bursfeld. den vom Stifte angegebenen Grund für einen ganz nichtigen Vorwand erklärt. S. Cleß Versuch 2, b, 210.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)