zu rohen Klumpen geworden sind. Der Chor, 30′ lang, 24′ breit, schließt halbachteckig und wird von einem gegen 50′ hohen Sterngewölbe übersprengt, dessen neun Rippen außerordentlich kraftvoll, lebhaft und fein durchgebildet sind und in einem großen Schlußsteine, worauf der Erzengel Michael frei ausgehauen ist, zusammenstrahlen. Die hohen Wände dieser centralbauartigen Anlage werden von schlanken ungefüllten Spitzbogenfenstern durchbrochen und seine Ecken gestützt von schlichten aber mächtigen Strebepfeilern. Eine Herstellung oder auch nur eine Ausräumung und Reinigung dieses so sehr mißhandelten Raumes würde eines der edelsten Bauwerke unseres Landes ans Licht ziehen. Die Westwand, zugleich die Ostwand des alten Schiffes, enthält den großen, etwas flachgesprengten Triumphbogen, über dem erst die Rippen des Chorgewölbes ansetzen; man muß sich den Chor außen über das Langhaus weit emporragend und als einen starken achteckigen Thurm ausgebildet denken. An der Nordseite läuft an einem Strebepfeiler ein altes steinernes Wendeltreppenthürmchen hinauf. Der achteckige Glockenthurm hat große wohlprofilirte rundbogige Schallfenster, an deren inneren Leibungen sich noch Spuren des Brandes vom Jahr 1693 deutlich zeigen, ferner ein hübsches Konsolenkranzgesims und darauf einen Umgang mit reichem gußeisernein Geländer; von hier an wird er von Holz und endigt in ein großes Zwiebeldach mit Laterne. Dieser hölzerne Bau wurde nach dem Brande von 1693 errichtet, während der untere Theil des Thurmes im Jahr 1614 erbaut wurde, wie eine steinerne Tafel an seiner Nordseite beweist, worauf steht: 1614. Gott allein die Ehr. Es hängen auf dem Thurm vier schönverzierte Glocken, wovon eine sehr groß ist und, nach dem Brande von 1693, aus dem im Schutt vorgefundenen Erz neugegossen wurde; ihre Inschrift lautet:
Anno domini 1693 in ipsis feriis jacobi tota nostra bacnanga cum omnibus quae murus civicus claudebat, excepto unico horreo pluribusque ex superiori et inferiori suburbio aedificiis, una cum his quatuor campanis gallico [igne] periit; anno vero post 1695 mense febr. a pulvere et cinere, quibus, flamma hostica guttatim resolutae, sese miscebant ruentes, beneficio aquae separatae atque, addita insuper impensis communitatis quantum sat erat materia, ex iisdem revocatae sunt, gregem domini in posterum ut ante convocaturae. Eberhard Ludwig duce Würtembergense.
Die zweite auch große Glocke hat die Umschrift: Gegossen von C. G. Neubert in Ludwigsburg. Anna 1821. Auf der dritten Glocke steht: Aus dem feuer flos ich. Gottlieb Jakob Rechlen gos mich in Stuttgardt. Gloria in excelsis Deo. Anno 1739. Aus der vierten Glocke steht: Soli Deo gloria. 1706. An der nördlich in den Chor hereinführenden Treppe sieht man einen Stein mit ineinander
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)