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Orte der Hochflächen in strengen Wintern und trockenen Sommern bald an empfindlichem Wassermangel, und müssen dasselbe entweder aus den Thalbächen heraufschaffen, oder sind sie auf Schöpfbrunnen angewiesen.

Der starke Fall des Nagoldthales und seiner vielen Seitenthäler (Steinach-, Waldach-, Haiterbachthälchen in südlicher und südwestlicher Richtung von der Oberamtsstadt, des Bernecker und Schwarzenbach-Thal in westlicher, und das Sulz-Gültlinger in östlicher Richtung lassen nirgends Sumpfbildungen entstehen, weßhalb auch eigentliche Wechselfieber im ganzen Bezirk fast gar nicht vorkommen, wenn sie nicht von außen eingeschleppt werden, wie dieß bei einzelnen von den Festungsbauten in Rastatt zurückgekehrten Arbeitern im verflossenen Jahrzehnt der Fall war. – Andere Krankheiten dagegen, sowohl chronische, als fieberhafte, nehmen nicht selten die dem Wechselfieber eigenthümliche, aussetzende (intermittirende) Form (Typus) an, besonders Nervenschmerzen (Neoralgien) und Catarrhe, und weichen auch den gegen die Wechselfieber specifisch wirkenden Chinasalzen.

Auch von sonstigen endemischen Krankheiten ist der ganze Bezirk verschont mit Ausnahme von Kröpf und Cretinismus, von welchem einzelne Thalorte mehr oder minder stark heimgesucht sind, insbesondere die Städte mit Ausnahme von Berneck, und der Marktflecken Ebhausen, welcher relativ und absolut die größte Zahl (15) beherbergt, während nach der hier zu Grunde gelegten, auf Veranlassung des K. statist.-topogr. Bureau im Jahr 1853 vorgenommenen Zählung Nagold, Haiterbach und Wildberg je 4, Altenstaig 8, Enzthal 5, Beihingen 3, Rohrdorf 2 aufweisen.

Weitere 16 sind jener Aufnahme zufolge in 12 weiteren, meist hochgelegenen Ortschaften zerstreut. Da jedoch die Zählung auf dem Lande meist durch Laien (Ortsvorsteher und Geistliche) besorgt wurde, so ist zu bezweifeln, ob die fraglichen Kranken sämmtlich zu den Cretinen gehören.

In neuerer Zeit scheint das Übel in der Abnahme begriffen. – Der früher als eine der Hauptursachen des Cretinismus angesehene Gypsgehalt des Trinkwassers verliert in Bezug auf den O.A.-Bezirk Nagold alle Bedeutung, insofern die am meisten heimgesuchten Orte, Altensteig, Enzthal, Wildberg, Ebhausen ihr Trinkwasser ganz oder theilweise aus dem bunten Sandstein erhalten, und die in der Formation des Muschelkalks mit zahlreichen Gypsbrüchen liegenden Orte des Steinach- und Waldachthales fast ganz frei von Cretinen sind. Einzelne dieser Gemeinden, Unterthalheim, und die in den Bezirk Horb gehörige Enclave Gündringen, beide katholisch, zeichnen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_044.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)