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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2

Spuren des alten Canalbetts genau zu verfolgen. Es ging vom pelusinischen Nilarme aus und mündete westlich von der heutigen Stadt Suez. Ob der Canal noch zur Zeit der Khalifen befahren wurde, ist eine Frage, welche von dem Araber Alferan verneint wird. Derselbe erzählt nämlich, der Khalif Omer[1] habe den versandeten „Trajans-Canal“ wieder aufgraben lassen, um während einer Hungersnoth Lebensmittel nach Mekka und Medina zu schaffen. Ein anderer Araber theilt uns in sehr lebendiger Weise mit: Amru, welcher auch zuerst auf den Gedanken gekommen sein soll, die Landenge zu durchstechen, habe für die Mekkapilger den Nil mit dem rothen Meere verbinden und hierzu den Canal des Philadelphus benutzen wollen. Als Amru die Ausgrabung desselben befahl, kam ein Kopte zu ihm und sagte: „Wenn Ihr mich von der Kopfsteuer befreien wollt, so will ich Euch sein altes Bette zeigen.“ Omer gestattete des Mannes Wunsch zu erfüllen, und der Kopte zeigte den Canal, welcher dann auch hergestellt wurde, um wieder – aber nur eine sehr kurze Zeit lang – befahren zu werden. Er soll schon, und darin kommen fast alle Berichterstatter zusammen, am Ende des 8. Jahrh. n. Christ. zugeschüttet worden sein. Makrizzi (1430)[2] erzählt, zu Medina sei ein gewisser Muhamed gegen den Khalifen von Irak aufgestanden, welcher schnell nach Aegypten geschrieben habe, der Statthalter möge den Canal sofort zuschütten lassen, damit den Aufrührern keine Lebensmittel nach Medina gebracht werden könnten. Man gehorchte diesem Befehle und zerstörte die Wasserstraße, welche Aegypten mit dem rothen Meere verband auf ewige Zeiten.

Der alte Canal verfiel und versandete endlich ganz und gar; nicht so der Gedanke einer Durchstechung der Landenge von Suez. Harun-el-Raschid[3] dachte daran, das rothe und das mittelländische Meer zu verbinden; doch ließ er die Arbeiter nicht an’s Werk gehen, weil er fürchtete, die Europäer möchten durch den Canal nach Aegypten oder gar nach den heiligen Stätten von Mekka und Medina kommen. Als nach der Umsegelung des Caps der guten Hoffnung durch Vasco da Gama der größeste Theil des venetianischen Gewürzhandels in portugiesische Hände überzugehen drohte, rieth Marino Sanudo[4]: „Der Weg über das rothe Meer sei der kürzere, und wenn der mohamedanische Zoll wegfalle, auch der wohlfeilere; eine Verbindung

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Damit ist wohl Umar ibn al-Chattab, der zweite „rechtgeleitete“ Kalif des Islam (634–644), gemeint. Der im folgenden genannte Amru war ein arabischer Feldherr zur Zeit Umars.
  2. Der ägyptische Historiker Al-Maqrizi
  3. Harun ar-Raschid
  4. Der Venezianer Marino Sanudo
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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2. Leipzig: Veit und Comp. 1864, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nordische_Revue_Band_2_(1864)_007.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2016)