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Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz

ganz verschiedenen Rechtsverhältnissen ein besonderes „Land“, sondern auch die böhmische Regierung bezeichnete sie in offiziellen Schriften als ein solches. So verbot 1348 Karl IV. Budissinensis et Gorlicensis districtuum (oder terrarum) advocatis, das Kloster in Lauban zu bedrücken[1]; so versprach noch 1373 König Ludwig von Ungarn, niemals Ansprüche zu erheben auf das Königreich Böhmen, necnon marchionatus Moraviae, Lusatiae, Budissinensis et Gorlicensis.[2]

Dass aber zumal die Stadt Görlitz sich noch immer als die Hauptstadt eines besonderen Landes fühlte, ergiebt sich deutlich aus Nachstehendem. Als 1378 Kaiser Karl IV. gestorben war, zogen bei seinem feierlichen Leichenbegängnis zu Prag Abgeordnete seiner sämmtlichen Länder mit ihren Bannern vor dem Sarge her. Ein gewisser Burchard Zengg aus Memmingen erzählt hiervon in seiner Augsburger Chronik[3] zwar nicht aus Autopsie, aber auf Grund der Berichte von Abgeordneten der Stadt Augsburg, welche zugegen gewesen waren, unter anderem folgendes: Danach fuert man in vor ein baner mit zinen in ainem plawen veld des lannds Budwitz [d. h. Bautzen] und darnach drei grosse ross mit demselben wappen und auf yedem ross ein gewapnet man. Darnach fuert man im vor ain gehalbiert banner, unndten sylberweis und oben ain weisser Löwen in ainem rotten veld, des lands von Görlitz,[4] und darnach drei grosse ross, bedeckt mit schwarzen [hier fehlt ein Wort], und drey gewapnet man darauf mit demselben klaid.“ Also selbst bei dem zeremoniellen Leichenbegängnis des bisherigen Landesherrn, unter den Augen des neuen, in Gegenwart von Abgeordneten aller böhmischen Länder zog die Stadt Görlitz noch immer unter ihrem eignen Stadtbanner; ja unter demselben Banner zog sogar die gesammte Ritterschaft des ehemaligen Landes (späteren Kreises) Görlitz. Denn diese ist durch die drei Gewappneten zu Pferde angedeutet.


  1. Oberlausitzer Urkunden-Verzeichnis I, 55 No. 270.
  2. Ebend. I, 91 No. 449. Mehr Beispiele in dem oben angeführten Aufsatz in v. Webers Archiv für die sächsische Geschichte.
  3. Oefelius, Rerum Boicarum scriptores I, 258.
  4. Dass dies wirklich damals das Wappen der Stadt Görlitz war, ergiebt sich am deutlichsten aus einer Urkunde Kaiser Siegmunds von 1433 (bei Grosser, Merkwürdigkeiten I, 122), durch welche er den Bürgern von Görlitz, welche „in ihrem Wappen und Schilde geführt haben einen weissen Löwen im rothen Felde mit einem weissen Stücke unten an dem Schilde“, dieses ihr Wappen bessert.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde. Dritter Band, Zweites Heft. Wilhelm Baensch Verlagshandlung, Dresden 1882, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)