Seite:Nathan-Das Problem der Ostjuden (1926).djvu/9

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

den Gewohnheiten jener Zeit, taten alsdann den nämlichen Schritt seine Untertanen, die keine Semiten waren, und nunmehr als Juden schlecht und recht in Treue zu ihren jüdischen Fürsten weiterlebten. Auch ein beachtenswerter Beitrag zu Rassenfrage, insbesondere zur Frage der Reinheit der Rassen, diese südrussischen Juden, die jedenfalls keine Semiten gewesen sind und nun als Juden auftraten. Es gibt denn auch in Rußland Juden mit ganz unverkennbarem slavischen Typus, vor allem in Südrußland. Augenscheinlich ein gehässiger verschleiernder jüdischer Winkelzug gegen die gradlinige Doktrin wahrheitssuchender Antisemiten.

Festzuhalten bleibt also, daß die riesigen Gebiete des europäischen Ostens in geringem Umfang durch das Einströmen von Juden, die längs den Küsten des Mittelmeeres gewandert waren, besiedelt wurden; hinzu kamen zum Judentum übergetretene Chasaren, die bestimmt keine Semiten waren. Die nördlicheren Gebiete der sarmatischen Tiefebene aber erhielten jüdischen Zustrom aus den Ländern alter Kultur in Westdeutschland, und diese Juden waren für den Osten Kulturträger, Ueberbringer städtischer, handwerklicher Fertigkeiten, die dem Osten wertvolle Anregungen gebracht haben.

Als feindlicher Einbruch wurde die Einwanderung im Süden wie im Norden nicht empfunden; sie war kulturfördernd, und Juden und Nichtjuden wohnten, religiös und in ihren wirtschaftlichen Funktionen getrennt, ohne empfindliche Reibung bis zur Neuzeit in Osteuropa nebeneinander.



Empfohlene Zitierweise:
Paul Nathan: Das Problem der Ostjuden. Philo Verlag und Buchhandlung GmbH, Berlin 1926, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nathan-Das_Problem_der_Ostjuden_(1926).djvu/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)