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seiner Lehre nachrühmen können, und diesem Umstand allein ist es auch zuzuschreiben, dass die Sikhs nicht eine engherzige Secte geworden sind, sondern sich nach und nach zu einem politischen Gemeinwesen entwickelt haben.

Er lehrte, dass man auch als Haushalter (ग्रिसती) und im Geschäftsleben dennoch gegen die Welt indifferent sein (उदास) und zur vollen Emancipation durchdringen könne; es komme nicht auf die äusseren Umstände an, in der sich Jemand befinde, sondern auf die innere Herzensstellung. Die Schliche der Bettelmönche, ihre Verstellung und Heuchelei, ihr Neid und Geiz werden daher häufig im Granth geschildert und an den Pranger gestellt, wobei auch die Habsucht der Brāhmaṇen keineswegs geschont wird. Durch solches Treiben, sagt Nānak, komme man nicht aus der Seelenwanderung heraus, sondern werde nur tiefer in sie verstrickt.

Die Kaste hat Nānak nicht direct angegriffen, obschon er sie ziemlich geringschäzig behandelte, noch auch die Priesterrechte der Brāhmaṇen; aber auf der anderen Seite lehrte er, dass auf seinem Wege alle Kasten ohne Unterschied zur Emancipation gelangen können, was an früheren Beispielen nachgewiesen wird. Damit legte Nānak den Grund zu einer allgemeinen Volksreligion, indem er alle, auch die niedrigsten Kasten, als seine Schüler annahm und in ihnen die Menschenwürde anerkannte, und es war nur die lezte Consequenz, die Guru Gōvind zog, wenn er unter den Sikhs allen Kastenunterschied aufhob.

Die Schüler Nānak’s hätten sich mit der Zeit gewiss wieder ebenso verloren, wie die vieler anderer Gurus, wenn er nicht für einen Nachfolger im Amte gesorgt hätte, der die Gemeinschaft zusammen hielt und weiter bildete. Die Wichtigkeit dieser successio episcoporum wurde bald erkannt und jeder folgende Guru liess sich es angelegen sein vor seinem Ende seinen Nachfolger zu bezeichnen. Dadurch erhielt die Sikh Gemeinschaft einen festen Kitt, zumal vom dritten Guru an die Nachfolge in der Familie erblich wurde, was wesentlich dazu beitrug, ihr Ansehen und ihre

weltliche Macht zu erhöhen.

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E. Trumpp: Nanak, der Stifter der Sikh-Religion., München 1876, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nanak_der_Stifter_der_Sikh-Religion.djvu/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)