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die wankende englische Herrschaft aufs neue befestigten, obschon erst kaum zwölf Jahre verflossen waren, seit die Engländer durch den blutigen und durch die Verrätherei der Sikh-Häuptlinge erlangten Sieg von Subrāhā am Satluǰ (10. Febr. 1846) der Unabhängigkeit des rasch aufgeblühten und nach der Alleinherrschaft in Indien strebenden Sikh-Staates den Todesstoss gegeben hatten.

Seit der darauf erfolgten Annexion des Panjāb war man dort mit der äusserlichen Ordnung der Dinge so beschäftigt gewesen, dass sich Niemand weiter um die Religion der Sikhs bekümmerte, da diese sich willig in ihr unvermeidliches Loos gefügt hatten. Nach Niederwerfung des Militäraufstandes jedoch und nach den grossen Diensten, welche die Sikhs dabei geleistet hatten, beschloss die oberste Regierung von Indien die heiligen Schriften der Sikhs, die jedes Sikh-Regiment unter einem roth-seidenen Baldachin mit sich zu führen pflegt, näher untersuchen und übersezen zu lassen. Nach obligater, jahrelanger Verzögerung wurde dieser Auftrag mir ertheilt und in Folge davon ging ich im Jahre 1870 nach dem Panjāb, um dort mit Hilfe der Sikh Priester, die mir die Regierung zur Verfügung stellte, meine Aufgabe in Angriff zu nehmen.

Während ich mit der Durcharbeitung ihrer h. Schriften in Lāhōr beschäftigt war, drängte sich mir von selbst das Bedürfniss auf, mich mit dem Leben des Stifters ihrer Religion, dessen eigene Worte mir so oft dunkel und räthselhaft waren, näher bekannt zu machen, um so des merkwürdigen Mannes Aussprüche, sein ganzes Dichten und Trachten besser verstehen zu lernen.

Ich fand, dass unter den Sikhs verschiedene Beschreibungen des Lebens Nānak’s cursirten, die Janam-patrīs oder Janam-sākhīs[1]

  1. जनमपत्री, eigentlich ein blatt Papier, auf welchem das Jahr, das Monds-Datum und die Configuration der Planeten bei der Geburt eines Kindes verzeichnet sind. Beigefügt wird gewöhnlich auch ein darauf gegründetes Horoscop. Dieses Janam-patrī wird vom Haus-Brāhmanen ausgestellt und dient in Indien zugleich als Geburtsschein.
         जनमसाखी bedeutet Geburtsgeschichte. Beide Namen werden jezt häufig verwechselt.
         Da wir hier keine Gurmukhī Typen haben, müssen wir die angeführten Citate mit Sanskrit-Hindī Lettern umschreiben.
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E. Trumpp: Nanak, der Stifter der Sikh-Religion., München 1876, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nanak_der_Stifter_der_Sikh-Religion.djvu/08&oldid=- (Version vom 1.8.2018)