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und dem damit verbundenen Kapitalaufwande an allen Ecken und Enden der Stadt Dresden das Unternehmen immer mehr über den Kopf und zeigte sich als eine verfehlte Spekulation. Ursprünglich waren ja die in Berzdorf geförderten Kohlen gar nicht zum Hausbrand oder als Industriekohle in der Hauptsache bestimmt, sondern zu dem Zwecke erworben, um in der Nähe der Berzdorfer Kohlenfelder an der Neiße (unterhalb des Dorfes Leuba) ein Elektrizitäts-Großkraftwerk zur Stromversorgung Dresdens und des östlichen Sachsens zu errichten. Dieser ursprüngliche Plan konnte aber nicht verwirklicht werden, weil inzwischen der Sächsische Staat die Elektrizitätsversorgung des Landes zum Staatsmonopol erhob. Daher verkaufte 1922 die Stadt Dresden das Bergwerk, denn die Summe von 75 Millionen Mark, die man zur Einrichtung einer Brikettfabrik forderte, schien ihr zu gewagt. Der neue Käufer war die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft in Berlin. Diese hatte zuvor große Petroleumquellen in Rumänien in Besitz, mußte aber diese Unternehmungen durch den verlorenen Krieg aufgeben. Von der neuen Besitzerin ward nunmehr mit aller Beschleunigung zur Erschließung des Tagebaues eine Baggeranlage sowie Kettenbahnbrücke mit Antriebstation geschaffen und ein Sortier- und Naßdienstraumgebäude (bis auf die noch fehlenden Brikettpressen) erbaut. Die Belegschaft war bereits bis in das fünfte Hundert gestiegen, und schon drohte das Dorf ein Opfer der Braunkohlenindustrie zu werden. Doch auch die Petroleumgesellschaft mochte sich wohl keinen Gewinn aus dem Unternehmen versprechen und veräußerte daher im Herbst 1925 die ganze Anlage an die Aktien-Gesellschaft Sächsische Werke, die zugleich Besitzerin des Großkraftwerkes Hirschfelde ist. Zunächst geschah mit der Kaufübernahme eine Betriebseinschränkung, der dann schließlich am 1. April 1927 wegen Unrentabilität die Stillegung der Grube folgte. Nur der Ziegeleibetrieb wird noch aufrecht erhalten und ist verpachtet. Sämtliche Maschinen, Bahngleise und Bahnbrücken sind abgebrochen und als Schrot verfrachtet worden. Die Stelle des Tagebaues hat sich inzwischen in einen See verwandelt. Zwecklos und verwaist auf öder Flur harren jetzt noch Sortier- und Naßdienstgebäude auf ihren Abbruch.

Das Großkraftwerk Hirschfelde[1] steht nunmehr in engerer Beziehung zu Berzdorf. Denn mit den Ankauf der Berzdorfer Kohlenlager von Seiten der Aktien-Gesellschaft Sächsische Werke sind dem Elektrizitätswerk Hirschfelde weitere Kohlenlager gesichert. Dieser Kohlenfelder-Erwerb


    bekannt, daß der Besitz von Tauchritz Preußen angehöre und somit nicht dem 12. sondern dem 5. Armeekorps unterstellt sei. Als daher im Herbst 1917 die Pioniere wieder abrückten, war noch nicht einmal das Baugelände (was erst durch Enteignung geschah) endgültig gesichert. Erst 1920 ward der Bahnbau fertiggestellt. Für Abtretung des Bahngeländes forderte das Stift (statt baren Geldes) Ausgleich in Land. Bei den Berzdorfern steht heute noch das verunglückte Pionierexperiment in ergötzlicher, bei den Tauchritzer Landwirten dagegen aber, welchen durch das voreilige Abstecken der Bahn ihre Getreidefelder kurz vor der Ernte (ohne Entschädigung) zerstampft wurden, in verwünschter Erinnerung.

  1. Hirschfelde liegt im Zentrum eines reichen Kohlenlagers, das man auf 1000 Millionen Tonnen schätzt, so daß die Lager 4–500 Jahre für das Elektrizitätswerk zur Verfügung stehen.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Krische: Die Siedlungsverhältnisse von Berzdorf auf dem Eigen. In: Neues Lausitzisches Magazin. Görlitz: Selbstverlag der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1929, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NLM_1929_Seite_217.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)