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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

es ihr wind und weh119 inwendig sein, und als der Bräutigam, nachdem er lang genug von dem närrischen Vogel gered’t und Scherz mit ihm getrieben, jetzo von andern, nöthigen Dingen zu handeln begann: wie sie es künftighin im Haus einrichten wollten, wen von den Gesellen behalten, wem kündigen und so mehr, war sie mit den Gedanken unstet immer nebenaus; das wollten sie bei guter Zeit ausmachen, sagte sie, that schläfrig, besah die Haube noch einmal und setzte sie auf vor dem Spiegel – Puh! friert’s mich in der Hauben! rief sie zumal und schüttelte sich ordentlich, das Silber kältet so. – Dann sagte sie: wenn schwarze Band dran wären, mein! es wär’ recht eine Armesünderhaube für eine fürstliche Person! – und lachte über diese ihre Rede einen Schochen, daß den Gesellen ein Gräusel ankam. Gleich aber war sie wieder recht und gut, gespräch, liebkos’te dem Gespons und machte ihn vergnügt wie er nur je gewesen. Darnach so gaben sie einander küssend Gute Nacht und ging er aller guten Dinge voll auf seine Kammer.

Den andern Morgen, es war am Sonntag, sah er den schönen Sittich nicht mehr sitzen in dem Ring, und die Meisterin sagte mit unholder Miene: das Schnitzbrod hat ihm schlecht gethan, ich fand ihn unter’m Bank da todt und steif, und schafft’ ihn mir gleich aus den Augen.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_203.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)