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– „der keinnützige Schuft! vierhundert Dukaten! ist das erhört? Drum hat er gleich von Anfang seine Profession verläugnet! Du meine Güte, was sind wir doch Narren gewesen!“

Jetzt hatte ich genug. Mein Blut schien still zu stehen. Am äußern Hofthor stand ein junger, gutgekleideter Mann: er kehrte mir den Rücken zu, indem er einen Buben, der draußen Ziegen hütete, mit eifrigen Gebärden zu sich winkte; er gab ihm einen Auftrag, wie es schien, sehr dringend, und rief dem Knaben, da er schon im Laufen war, noch halblaut nach: „Sie sollen doch in’s Teufels Namen machen! und ja die Fußeisen mitbringen! hörst du?“ – – Man denke sich meine Bestürzung! Besinnungslos klink’ ich die Thüre auf und trete in die Stube. Blos beide Eheleute sind zugegen. Kein rechter Gruß, kein Blick wird mir gegönnt. Ein frisches Zeitungsblatt liegt auf dem Tisch, welches der Schloßvogt hurtig zu sich steckt, ich denke mir im Nu was es enthält. Er geht hinaus, vermuthlich dem jungen Manne zu melden, daß ich schon unten sei.

„Ihr habt Besuch bekommen?“ fragte ich, um nur Etwas zu reden, mit erzwungenem Gleichmuth die Alte. „Meiner Nichte Bräutigam!“ versetzte sie kalt und fing mit recht absichtlichem Geräusch, um jedes weitere Gespräch zu hindern, Hanfkörner zu zerquetschen

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_076.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)