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ging der Landesgränze zu; der Anblick gab mir neue Kraft. Ja, ja – sprach ich halblaut: mit Tagesanbruch morgen wanderst du auch, du hast hier doch nichts zu erwarten als neue Täuschungen, neuen Verdruß! Ich fühlte plötzlich einen namenlosen Trost, als wenn es möglich wäre, mit Wandern und Laufen das Ende der Welt zu erreichen.

„Sie sind es nicht! des Müllers Esel waren’s!“ lachte Josephe und griff nach meiner Hand zum Niedersteigen.

Sie sah mich an. „Mein Gast ist ernsthaft worden – warum?“ – Ich antwortete kurz und leichtsinnig. Sie aber forschte mit sinnenden munteren Blicken an mir und begann: „So wie wir uns hier gegenüber stehen, sollte man doch beinah meinen, wir kennten uns nicht erst von heute. Ja, aufrichtig gesagt, ich selbst kann diesen Glauben nicht los werden, und, meiner Sache ganz gewiß zu sein, war ich gleich Anfangs unhöflich genug und fragt’ Euch um den Namen; glaubt mir, ich brauch’ ihn jetzt nicht mehr. Um Euch indeß zu zeigen, daß man bei mir mit faulen Fischen nicht ausreicht, so kommt, ich sag’ Euch was in’s Ohr: – „Männchen! wenn du ein Schneider bist, will ich noch heut Frau Schneidermeisterin heißen, und, Männchen! wenn Du nicht der kalte Michel bist, heißt das Franz Arbogast aus Egloffsbronn, bin ich die dumme Beth von Jünneda“

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_052.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)