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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754

Man wird aufhören sich zu verwundern, warum die Musik sich des Beyfalls aller Menschen bemeistert, wann man das Vergnügen untersuchet, welches durch die Gewalt der Töne und ihre Vermischung entspringet. Hat nun die Malerey recht, wenn sie behauptet, der Vorzug unserer Künste müsse nach dem Vergnügen, und nach der Gründlichkeit desselben beurtheilt werden; so wird ohnfehlbar das Recht auf meine Seite fallen. Das Vergnügen der Musik gehöret für die Sinnen, für das Herz und für den Verstand. Der zitternde Schall der Luft dringt durch das Ohr, wie die Naturkündiger lehren, und erregt in den Fibern des menschlichen Leibes eine gleichmäßige Bewegung, die der Seele ein Vergnügen erwecket, das sie selbst kaum begreifen kann. Selbst das Blut rinnt schneller durch die Adern, und wird mit der Gewalt der Töne hingerissen. Eine süsse Bewegung durchschleicht den ganzen Körper, wenn sich die Saiten anfangen zu rühren. Der Künstler hat den Lauf unseres Bluts in seiner Macht; denn er kann es erhitzen und schläfrig machen, er kann es mit den Tönen steigen und fallen lassen.

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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/10&oldid=- (Version vom 28.3.2024)