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der Zöglinge verkümmern zu lassen. Darum wies er den oben genannten Reinhard an, bei dem Entwurfe, wie die „schönen und nützlichen Wissenschaften“ bei der Jugend zu fördern seien, sich auch an aufstrebende junge Dichter jener Zeit zu wenden. Der bald darauf so berühmt gewordene, damals erst 22jährige Wieland, mit welchem Reinhard 1755 auf einer Reise in Zürich mündlich verkehrte, sandte in diesem und in dem folgenden Jahre seine Gedanken über die projectirte Erweiterung des Gymnasiums schriftlich ein; ebenso nicht viel später der 25jährige Pfeffel in Colmar. Letzterer, welcher 1761 die erste Sammlung seiner Gedichte herausgab, beruft sich in der mit Reinhard geführten Korrespondenz vom September des gleichen Jahres zwar darauf, sein Vater sei ein geborener Badener[1] gewesen, bedauert aber, daß ein schweres Augenleiden den ihm zugedachten Ruf an die „akademische Mittelschule in Karlsruhe“ unmöglich mache. Die nächste Zeit bewies, wie gegründet diese Entschuldigung war[2]. – Drei Jahre darauf hatte der fragliche Plan vor der Hand wenigstens die Folge, daß, nach Maler’s Tod 1764, für den philosophischen und für den mathematisch-physikalischen Unterricht wieder zwei besondere Lehrstellen gegründet wurden. An sie berief Karl Friedrich zwei junge, durch den oben erwähnten Physiocraten Schlettwein ihm empfohlene Männer, welche bisher an der Universität Jena Privatdocenten gewesen waren, Gottlob August Tittel, aus Pirna in Sachsen, und Johann Lorenz Böckmann, gebürtig aus Lübeck[3].


  1. Sein Vater, Johann Conrad Pfeffel, Stättmeister zu Colmar, war 1682 bei Emmendingen zu Mundingen geboren, Sohn des dort 1701 verstorbenen Pfarrers Johann Conrad Pfeffel.
  2. Wieland’s und Pfeffel’s Korrespondenz mit Reinhard über diesen Gegenstand findet sich in dem Generallandesarchiv, Fascikel „Karlsruhe, Geheimerath Reinhard’s Vorschläge zur Verbesserung des Gymnasiums 1755–61“. – Wieland in seinem ausführlichen, auch kalligraphisch netten Entwurfe von 1756 nennt die neu zu organisirende Karlsruher Anstalt „Akademie der schönen und nützlichen Wissenschaften zur Bildung des Verstandes und Herzens“.
  3. Während Maler das Rectorat von 1750 bis 1764 führte, lehrte er [136] selbst Philosophie, Mathematik und Physik. Der Seite 125 schon erwähnte P. J. Bürcklin, welcher seit 1742 als Kirchenrathsmitglied wieder nach Karlsruhe berufen worden war, las an dem Gymnasium theologische Vorbereitungscollegien bis zu seinem Tode 1760, worauf Dr. Johann Friedrich Stein, aus Tegernau gebürtig, neben seinem Amte als Oberhofprediger diese theologische Professur versah. – Juristische Vorbereitungscollegien übernahmen die Hofräthe Preuschen und Michael Hugo, der Vater des nachmals berühmt gewordenen Göttingischen Rechtslehrers. Auch ein cameralistisches Vorbereitungscollegium kommt seit 1763 vor, gelesen durch den oben genannten Rentkammerrath Johann August Schlettwein. – Professor J. C. Sachs lehrte, gleichfalls bei den Exemten, Geschichte, Alterthümer und Erklärung klassischer Autoren, war aber zugleich auch Praeceptor Primae. Professor Christoph Mauritii (Seite 129) behandelte die Rhetorik und war zugleich Praeceptor Secundae. – In Tertia war Präceptor Ferdinand Wolrab und seit 1751 Ferdinand Christian Gaupp, der aber 1758 wegen Unfleiß removirt und durch Karl Joseph Bouginé aus Pforzheim ersetzt wurde, Praeceptor Quartae war der Seite 129 erwahnte Magister J. C. Göring, Quintae Johann Martin Bartholmeß, Sextae Cantor Thill. – Französische Sprachmeister waren Peter Surleau 1748 ff., 1757 J. F. R. Wiedemann und seit 1759 Dominique Louis Friderici, welcher bis zu Anfang der 1790er Jahre den freiwillig dazu sich meldenden Gymnasiasten französischen Unterricht ertheilte. Zu englischen Privatstunden erbot sich wenigstens ein Vicar Wolf aus Weisweil 1759.