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Was die französische Sprache betrifft, zu welcher zuerst unsere höheren Stände schon vor dem dreißigjährigen Kriege zuweilen eine bemerkenswerthe Vorliebe zeigten[1], so nahm die Gymnasialeinrichtung Sturm’s, obwohl er selbst diese Sprache während seines langen Aufenthaltes in Frankreich vollkommen gelernt hatte, auf den öffentlichen Unterricht im Französischen eben so wenig als auf den im Deutschen irgend eine Rücksicht, so daß auch der Schematismus des Durlacher Gymnasiums noch im 17. und 18. Jahrhundert durchaus keine Stunde darauf


  1. Der pfälzische Kurprinz Friedrich V. wurde 1605 schon in einem Alter von 9 Jahren zur Erziehung nach Sedan geschickt und in seinem 17. Lebensjahre mit der englischen Prinzessin Elisabeth vermählt, welche niemals Deutsch lernte, so daß das Französische in Heidelberg seit 1613 lange Zeit Hofsprache blieb. (Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz II, 258 und 274.) – Auch unter andern deutschen Fürsten jener Zeit findet sich schon vor dem 30jährigen Kriege nicht selten französische Korrespondenz und zwar über Dinge, welche durchaus keiner Geheimhaltung bedurften. Auch die baden-durlachischen Prinzen, die später unter dem Namen Friedrich VI. und VII. zur Regierung kamen, wurden 1634 und 1664 in ihrer Jugend auf einige Jahre nach Frankreich geschickt, ausdrücklich der Sprache wegen. Diese Sitte ging auf den Adel über und am Oberrhein, wegen der Nähe der französischen Schweiz, der Franche-Comté u. s. w., hie und da schon auf den dritten Stand. So trat 1630 in das Durlacher Gymnasium der 16jährige Johann Matthias Schneuber, welcher sich seit 1626 nach dem Willen seines Vaters, des Pfarrers von Feldberg, zu Montbéliard der Sprache wegen aufgehalten hatte. Er machte sich später als Dichter in deutscher Sprache bekannt. – In dem gleichen Jahre 1626 wurde der 25jährige Jurist, Johann Michael Moscherosch, Sohn des Amtmann von Willstätt, nachdem er die zwei letzten Jahre, der Sprache wegen, in Frankreich zugebracht hatte, Hofmeister bei zwei jungen Grafen von Leiningen und fing bald an, die Ausländerei der „nachäffischen Deutschen“, wie er sich ausdrückt, in seinen Satiren zu geißeln. – Wie sehr er Recht hatte, mag unter And. ein in den Kirchenrathsakten befindlicher deutscher Brief des Einnehmers Brodhag zu Emmendingen vom 6. Juli 1661 an den Kirchenrathssekretär Batzendorff in Durlach über ein ganz gewöhnliches Rechnungsgeschäft beweisen. Außen ist er überschrieben: A Monsieur Monsieur le sécretaire Betzendorff à Dourlach und innen lautet die Anrede: Monsieur mon tres honoré cousin et frere tres affe!