Seite:Mittelschule Durlach (Vierordt) 056.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sorgten die deutschen Schulmeister mit ihren Schülern. Hinsichtlich des Gymnasiums bemerken wir als weiteren Nutzen der musikalischen Uebungen, daß die Convictoristen bei ihrem längeren Aufenthalt es zu einer Fertigkeit brachten, durch welche sie später bei ihrem Predigeramte den Kirchengesang der Dörfer und kleineren Stadtgemeinden hoben oder in gutem Stand erhielten. – Hauptsächlich gepriesen waren bis 1689 die musikalischen Leistungen, womit die Gymnasiasten am Abend vor den hohen Festen von der Gallerie des Stadt-Kirchenthurmes herab Alt und Jung erfreuten, während dort an den übrigen Tagen blos die städtischen Zinkenisten und Posaunenbläser kirchliche Melodien zu spielen pflegten.[1]

§. 19. Der Unterricht in den klassischen Sprachen, zumal in der lateinischen, hatte auch in dem Durlacher Gymnasium, während das kirchliche Element in erster Reihe


  1. An den auf das Weihnachtfest folgenden Abenden zogen, wie das auch in andem Städten damals üblich war, ärmere Gymnasiasten, geführt von dem Cantor, in den Straßen von Durlach mit bunten Laternen und mit dem gleichfalls transparenten Sterne der Weisen umher. Sie sangen vor den Häusern Lieder, welche auf diese festliche Zeit paßten, und sammelten dabei in eine durch den Rector verschlossene Büchse freiwillige Beiträge, deren Gesammtsumme in den Jahren vor 1689 sich durchschnittlich auf 70 bis 80 Gulden belief und durch den Rector unter sie vertheilt wurde. Obwohl man besonders brave Schüler dazu auserlas, so gelang es später doch nicht, einen dabei allmählich üblich gewordenen Unfug abzuschaffen, wonach sie am Schlusse dieser Reihe von Weihnachtgesangabenden jene auf Stangen getragenen „Kolben und Stern“ feierlich zusammenschlugen, so daß sie den Apparat jährlich frisch bereiten mußten. Hauptsächlich wegen dieses Unfuges wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts jener Straßengesang untersagt. – Vornehme Leichen und Hochzeiten wurden durch alle Gymnasialklassen begleitet; minder vermögliche Familien pflegten nur eine oder mehrere dieser Klassen, denen sie das dabei übliche Geschenk zukommen lassen wollten, oder auch blos Knaben der deutschen Stadtschule zu wählen. – Von Knaben und Jünglingen, die in jener Zeit durch Gesang den Grund zu einer ehrenvollen Laufbahn sich eröffneten, habe ich bei einer anderen Gelegenheit (Geschichte der evang. Kirche im Großh. Baden II, 487) einige Beispiele erwähnt.
Empfohlene Zitierweise:
Mittelschule Durlach (Vierordt): Geschichte der im Jahre 1586 zu Durlach eröffneten und 1724 nach Karlsruhe verpflanzten Mittelschule. Karlsruhe: , 1859, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mittelschule_Durlach_(Vierordt)_056.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)