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Aber ein anderes heiteres Geschichtchen muß ich erzählen. Kommt ein Offiziersdiener in ein Damenmodegeschäft, von denen es hier sehr elegante, reich assortierte gibt, und zieht ein Päckchen aus der Tasche. Er öffnet es und entfaltet mit ungeschickten, schmutzigen Fingern ein — spinnwebdünnes, weißseidenes Damentrikot — Kombination. Er hält es von sich ab, dreht es nach allen Seiten und betrachtet es mit unzufriedenen Blicken.

„Muß ich umarbeiten für Pani Leutnant,“ sagt er dann und kraut sich hinter dem Ohr, „wie soll ich machen?"

Przemysl, den 19. Februar 1915,
     am 104. Tag der 2. Belagerung.

Gestern nachmittags um 5 Uhr großer Alarm. Das Honvedregiment Nr. 5, das in der Stadt liegt, wird alarmiert. Die Russen stürmen das Fort II.

Auch im Südwesten der Festung, bei Pod Mazurani, stürmt der Feind. Doch unsere Tapferen sind schon bereit und empfangen ihn beim Licht der Scheinwerfer mit einem tödlichen Kartätschenregen. Man erzählt sich, daß die Stürmenden in ganzen Reihen hingemäht liegen.

Das Geschützfeuer nahm nachts an Heftigkeit zu und die schweren Lagen dröhnten bis in den Morgen hinein zu uns herüber. Man kann auch schon wieder russische Schrapnells krepieren sehen. Doch sind sie noch bedeutend weiter von uns entfernt, als zur Zeit des großen Sturmes im Oktober. Unsere Truppen halten jetzt die Vorfeldstellungen, von denen aus die Russen damals die Stadt beschossen.

Auch bei Lipowica wird heftig gekämpft. Man brachte uns wieder mehrere verwundete Offiziere und viele Mannschaften ins Spital. Unter den

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)